Als Schamanen gehen wir
unseren eigenen Weg, ein Weg des Herzens, bei dem wir jede Entscheidung mit dem
Herzen fällen und so die Absicht des Universums erfüllen. Dies hat zur
Konsequenz, dass wir andere Wege, beziehungsweise andere Entscheidungsgrundlagen
loslassen müssen. Anders ist ein solcher Weg nicht möglich. Ich möchte hier deshalb
einige Punkte erwähnen, bei denen Loslassen ein Thema sein könnte. Es lohnt
sich, diese durchzugehen, und zu beurteilen, ob wir in diesen Bereichen
wirklich losgelassen haben. Die nachfolgende Liste ist natürlich unvollständig
und nicht der Wichtigkeit nach geordnet. Auch überlappen sich die Themen teilweise
und zudem ist sie persönlich gefärbt. Gerne veröffentliche ich deshalb in der
nächsten Ausgabe weitere Themen des Loslassens der Leserinnen und Leser.
Der konkrete Ausgang von Entscheidungen loslassen:
Eigene Wege sind nicht auf äussere Ziele gerichtet, d.h. wir fällen eine Entscheidung,
im Bewusstsein, dass es uns gleich ist, wie sie herauskommt. Ob uns etwas gelingt
oder nicht, ob wir ein Ziel erreichen oder nicht, ob sich etwas verändert oder
nicht – all dies spielt somit keine Rolle. Wir lassen also den Ausgang von
Entscheidungen offen.
Die Bewertung von Ereignissen, Begebenheiten,
Gegenständen etc. loslassen: Die Dinge sind wie sie
sind. Wir beobachten sie und falls sie bei uns Gefühle oder Verzweiflung
auslösen, dann haben wir einen Entscheidungsbedarf. Das heisst aber nicht, dass
die Dinge gut oder schlecht sind, sie sind einfach und in diesem konkreten Umfeld
haben wir einen Weg zu gehen. Wir lassen also die Bewertung der Umstände los.
Die Identifikation mit etwas loslassen:
Wir sind Wesen, welche erkannt haben, dass es eigene Wege gibt, dass es darum
geht, die Absicht des Universums zu erfüllen. Deshalb identifizieren wir uns
nicht mehr mit einer der vielen Kategorien von Menschen, die es gibt. Wir
identifizieren uns also nicht mehr mit unserer Nationalität, mit unserem Beruf,
Familienstand, Sozialstatus oder mit unserer Rasse usw. Wir sind einfach uns
und lassen jede Bezeichnung oder Kategorisierung los.
Die Erwartung, unterstützt und anerkannt zu werden,
loslassen: Unterstützung kann auf unserem Weg vorhanden sein
oder auch nicht. Wir lassen dies offen. Wir wissen dabei, dass oft hinter der
Unterstützung, die wir erhalten, eine Absicht versteckt ist, die nicht unbedingt
mit unserem Weg sondern mit den Ideen und Vorstellungen des anderen zu tun
haben. Wir hegen also keine Hoffnungen von anderen unterstützt oder anerkannt
zu werden. Kommt Unterstützung und Anerkennung trotzdem, sagen wir natürlich
nicht nein. Wir haben sie einfach nicht erwartet.
Sicherheit loslassen:
Meist hat Sicherheit einen Preis, ein System, eine Institution oder eine
Beziehung bieten oft nur dann Sicherheit, wenn wir gewillt sind, die
Bedingungen des Systems, der Institution oder Beziehung zu anerkennen. Und es
müsste gerade Zufall sein, falls diese Bedingungen mit unserem Weg übereinstimmen.
Aus diesem Grund müssen wir unser Bedürfnis nach Sicherheit loslassen.
Erfolg loslassen: Ähnlich zur Beobachtung
über den Ausgang von Entscheidungen, messen wir uns nicht am Erfolg unserer
Handlungen. Es kommt also nicht darauf an, ob wir Karriere machen oder nicht,
ob wir Geld, viele Kunden, viele Liegenschaften etc. haben, sondern es kommt darauf
an, dass wir uns selbst werden beziehungsweise unsren Weg gehen. Wir lassen
also Erfolg los.
Vorstellungen über einen Idealzustand loslassen:
Wir lassen unsere Vorstellung darüber los, wie die Dinge besser sein könnten.
Wir sind in einem Umfeld voller Probleme, wir akzeptieren diese und machen uns
nicht zu viele Gedanken darüber, wie sie besser sein könnten, sondern wir
schauen, was diese Umgebung mit uns selbst zu tun hat. Haben wir dies erkannt,
arbeiten und heilen wir an uns.
Seine Vergangenheit loslassen:
Wir leben im Jetzt. Hierzu anerkennen wir zwar, dass wir eine Vergangenheit
haben, aber wir lassen diese los, so dass diese uns nicht mehr beeinflusst und
unsere Wahrnehmung im Jetzt stört.
Diese Liste gibt
lediglich einige Ideen. Weitere Themen des Loslassens gibt es überall. In ganz
vielen Bereichen des Lebens können wir so zu mehr Freiheit gelangen.
Eine persönliche Geschichte des Loslassens:
Jakob: Die Themen in einem Forum
kommen natürlich nicht von ungefähr – ich kann nicht anders, als solche zu
wählen, die mit mir selbst zu tun haben. Das Thema Loslassen kam unter anderem deshalb
auf, weil ich beschloss, mein amerikanisches Bürgerrecht aufzugeben (ich war
Doppelbürger CH – USA). Der Anlass war der Steuerstreit zwischen der Schweiz
und den USA und die immer krasser werdenden Steuerforderungen an Amerikaner im
Ausland. Jeder Amerikaner im Ausland ist auch in den USA steuerpflichtig. Die
notwendigen und sehr komplexen Formulare muss man sich im Internet selber
zusammensuchen, auf eine Verfügung wartet man vergebens, doch laufen die
Strafen für unverhoffte Fehler sehr schnell in die Zehntausende von Dollars. Es
besteht zudem das sehr grosse Risiko, dass Auslandamerikaner nach der
Inkraftsetzung neuer amerikanischer Gesetze ab 2014 Schwierigkeiten haben werden.
normale Bankkonten zu führen, bei Pensionskassen Mitglied zu sein etc. Ich ging
tief in mich, hörte auf mein Herz und es wurde klar: Ich gebe mein
amerikanisches Bürgerrecht auf.
Ich war seit Geburt
Amerikaner und habe viele Jahre dort verbracht, darunter viele Jahre meiner Kindheit.
Ich habe auch unzählige Reisen in die USA unternommen und bin dort dem
Schamanismus begegnet. Die Verbindungen zu diesem Land sind deshalb stark und
dennoch sagte mein Herz eindeutig Ja zur Ausbürgerung.
Das Bürgerrecht der USA
aufzugeben ist jedoch nicht gerade einfach, man muss persönlich in einer
Botschaft oder einem Konsulat vorbei, dort das Bürgerrecht buchstäblich mit
erhobener rechter Hand abschwören (I so swear…) und dazu noch $ 450 bezahlen. Da
zurzeit Tausende von CH-USA Doppelbürger das Bürgerrecht aufgeben, bekam ich in
Bern einen Termin anderthalb Jahr später, im Mai 2013 (!). Als Alternative bot
sich das Konsulat in Frankfurt an, und ich beschloss dorthin zu gehen. Diese
Option hatte zudem den schönen Vorteil, dass ich mich zusammen mit meiner
Schwester ausbürgern konnte.
Joshua Tree National Park. Hier beregnete ich zum ersten Mal dem Schamanismus.
Foto: Jakob
Als allerletzter Ort
ging ich an die Strasse in Los Angeles, wo ich die ersten anderthalb Jahre
meines Lebens verbrachte. Der Block stand nicht mehr, ich entdeckte aber gegenüber
einen riesigen Militärfriedhof. Als allerletzte Handlung in den USA ging ich in
diesen Friedhof und schaute die Gräber an. Ich dachte: So viele Soldaten wurde
gesagt, dass sie ihr Leben für die USA aufgeben. Und hier war ich, und gab das
Bürgerrecht freiwillig auf…
Nur wenige Wochen später
reiste ich nach Frankfurt und wir gingen dort durch den Prozess der Ausbürgerung.
Das Gelände des Konsulates wirkte kalt und wie ein Gefängnis, riesig mit unzähligen
Gebäuden und sogar eine kleinen Kirche hatte es – und alles hinter einem hohen
Zaun. Auch die Kammer, in der das Schwören stattfand, war kalt und klein, getrennt
mit einer Glaswand vom Beamten, welcher den Schwur durchführte. Und
interessanterweise war das Konsulat – so wie die erste Strasse in Los Angeles -
gegenüber von einem riesigen Friedhof.
Das Ausbürgern war für
mich alles andere als einfach. In erkannte darin auch das, was ich mittlerweile
als amerikanische Indoktrination bezeichne (z.B. der tägliche Fahnengruss in
der Schule). Der ganze Vorgang zeigte alle Elemente des Loslassens auf: Die vermeintliche
Sicherheit, die ein System (hier ein Land) bietet, die Identifikation als
Nationalität, das Loslassen der Vergangenheit, das Loslassen eines Idealzustandes
(ich darf Doppelbürger bleiben) und natürlich auch das Loslassen des konkreten
Ausgangs, denn ich weiss nicht, ob dieser Entscheid sich in Zukunft als geschickt
herausstellen wird oder nicht. Aber es fühlte sich richtig an, es war ein
Entscheid des Herzens, alles andere folgt nun.
Und ich habe auch den
Eindruck, dass diese Ausbürgerung damit zu tun hat, dass ich nun – was Schamanismus
betrifft – auf eigenen Füssen stehen soll. Ich soll meine Inspiration nicht
mehr vom Land dort und von der indianischen Kultur bekommen sondern in mir
selbst. Auch das ist ein wichtiger
Schritt des Loslassens.
Teile des Konsulates in Frankfurt, das Gelände ist 9 ha gross und 900
Mitarbeiter arbeiten dort…