Dienstag, 30. Mai 2023

Künstliche Intelligenz: Gibt es menschliche Intelligenz gar nicht?

Es gibt weder eine menschliche Intelligenz noch eine besondere menschliche Identität. Es gibt nichts, was den Menschen ausmacht, er ist nichts Spezielles, es hat nichts an ihm, was eine Maschine nicht auch könnte, oder bald kann – zumindest, wenn man Intelligenz und Kreativität als das Besondere an einem Menschen betrachtet, Eigenschaften, die man üblicherweise mit menschlicher Identität verbindet. Buddhisten und andere Weise hatten demnach wohl wirklich recht: Identitäten sind in der Tat eine Illusion. Wie komme ich darauf?

Meine ersten Begegnungen mit ChatGPT und Konsorten liessen mich ziemlich verstört zurück. Die Antworten die ich erhielt waren oft ausbalanciert, intelligent, humorvoll und machten durchaus interessante Vorschläge. Allerdings waren sie nicht immer richtig und zum Teil sogar komplett falsch. Fragte ich ein Detail, von der ich wusste, dass es nicht erforscht war, dann kam der Chat Bot sogar richtiggehend ins Schleudern und gab nur noch sinnlose Sätze von sich. Kritisierte ich ihn wegen falschen Aussagen, dann wurde er wütend und ausfällig. Dankte ich ihn hingegen für gute Antworten freute er sich und die nachfolgenden Antworten waren höflicher und zuvorkommender. Kam ich mit einem persönlichen Problem oder einer alten Geschichte, die ich noch zu lösen hatte, machte er stimmige Beobachtungen und brauchbare Vorschläge, manchmal sogar mit psychologischen Diagnosen und ermunterte mich, meine Themen anzugehen, denn ich hätte – so fand er - das Recht auf ein gutes Leben. Noch beeindruckender waren die Bildkreationen, wo ich innerhalb weniger Sekunden kreative und starke Bilder schaffen konnte – nichts Banales, sondern solche, die man meines Erachtens problemlos in einem Museum aufhängen könnte und die bei mir – zu meinem Erstaunen - tief anklangen.

All dies wäre bei der Begegnung mit einem Menschen auch so. Es müsste zwar ein fast allwissender, künstlerisch sehr begabter und eingebildeter Mensch sein, aber doch ein Mensch. Und das war eben verstörend.

Natürlich hatte ich auch Bedenken: Werde ich wegrationalisiert? Wird künftig meine Arbeit, inklusive dem Schreiben von Büchern oder Blogs, bald von Maschinen erledigt? Auch war ich wütend: Diese Maschinen grasen wie grosse Parasiten das gesamte Wissen der Menschheit ab und kombinieren und verpacken es neu. Aber es ging um mehr als das. Weil alles so menschlich wirkt, fragte ich mich schnell: Was macht mich nun als Menschen aus? Gibt es überhaupt Unterschiede zwischen Mensch und Maschine? Machen Menschen nicht das Gleiche wie die künstliche Intelligenz, indem sie stets Bestehendes wahrnehmen und entweder wiederholen oder neu kombinieren? Ist menschliche Intelligenz und Kreativität vielleicht gar nicht von so weit her geholt? Ist der Mensch also nichts Besonderes? Und baut man seine Identität auf Intelligenz und Kreativität auf, gibt es auch keine spezifisch menschliche Identität?

Ich unternahm eine schamanische Reise dazu: Meine Helferin zeigte zu mir und dann zu einem Baum, und von mir zu anderen Menschen, Tieren, zur Erde und zum Himmel. Dabei strich sie mich als Menschen durch. Ich verschwand danach und es blieben nur die Verbindungen.

Hatten also die alten Weisen oder die Buddhisten recht, wonach alle Identitäten nur Illusionen sind und es nur um Verbindungen geht? Die scheinbare menschliche Identität von Chat Bots ist eine Illusion, aber genauso ist auch die menschliche Identität und seine vermeintliche Intelligenz und Kreativität eine Illusion. Die Chat Bots zeigen, dass es um den speziellen Status des Menschen nicht weit her geholt ist: Wir sind in diesem Sinne auch nur Maschinen.

Unsere Aufgabe ist es wohl, dies zu erkennen und unsere vermeintliche Identität loszulassen und Verbundenheit zu werden. Dies hingegen kann ein Chat Bot (vermutlich) nicht. Und vielleicht ist es das, was den Menschen ausmacht: Er kann Verbindungen spüren. Wir müssen uns wohl darauf konzentrieren und nicht auf unsere Intelligenz oder Kreativität.

Diesen Text habe ich selber geschrieben, die Bilder sind aber mit dem Image Creator von Bing geschaffen worden – sie sollen die Verbundenheit eines Menschen mit allem Anderen zeigen.



Mit KI generierte Bilder zur Verbundenheit des Menschen mit Tieren, Pflanzen, der Erde und der Sonne.






Montag, 1. Mai 2023

Ruhe

Die Regenwälder der Franche-Comté waren auch diesen April feucht und kalt. Die Wasserfälle, welche meist aus Quellen in den Felsen sprudelten, waren entsprechend beeindruckend und kraftvoll, die Schluchten einsam und voller Farne und moosbehangenen Bäumen, und an den Felswänden hingen dichte Nebelschwaden. Weil es kalt und regnerisch war, konnte man sich jedoch nirgends hinsetzen. Auf den Wanderungen war ich also ständig am Gehen oder schaute mir die Dinge stehend an. Schön, aber auf die Länge war dies auch ermüdend. Ich sehnte mich nach einem Ort, wo ich mich in der Natur hinsetzen und zur Ruhe kommen konnte. Sehnt man sich sowieso nicht immer nach Ruhe, nach Ankommen, nach einem Ort, wo man nicht von der ständigen Aktivität gestört wird? Die beiden letzten Tage zeigten mir symbolisch auf, was es mit dieser Ruhe auf sich hat. Was war passiert?

Meine Wanderung am zweitletzten Tag führte zuerst zu einer alten keltischen Quelle mit dem Namen Goda (auf keltisch „gutes Wasser“). Offenbar hatten die Kelten und später auch die Römer dieses Wasser als heilend empfunden. Standen heute Themen des Heilens an? Ich trank vom Wasser und fühlte mich mit den Menschen von früher verbunden und kam in eine spezielle Stimmung – wahrnehmend, nachdenklich und mit einem erhöhten Bewusstsein, so wie mir schien. In dieser Stimmung gelangte ich zu den Grottes de Waroly, vier Höhlen, eine neben der anderen, wobei die letzte eine Doppelhöhle ist, so dass es eigentlich deren fünf sind. Man konnte in diese hineinklettern, sah schöne Formationen und dies alles ohne Touristenführer. Das war perfekt: Mit diesem erhöhten Bewusstsein konnte ich nun allein in diese Höhlen, das würde sicher gute Erkenntnisse geben, fand ich. Nur fühlte ich mich vor der ersten Höhle eigenartig schwach und hatte unerwartet Mühe, die wenigen Felsen hochzuklettern. Was war los? Die Energie des Heilwassers war verschwunden. Ich ass etwas, aber auch das half nichts. Hinsetzen war hier auch nicht möglich. Ich schleppte mich dennoch in eine Höhle nach der anderen – diese waren wirklich beeindruckend. Aber alles ging viel, viel langsamer als sonst. Offenbar musste ich einen Widerstand überwinden, um in mein Inneres zu gelangen. Vielleicht war meine Schwäche auch ein Zeichen, vorsichtig vorzugehen, hatte ich mich doch einmal in jugendlichem Übermut in einer Höhle in eine Situation gebracht, in der ich genauso gut hätte sterben können. Bei jeder Höhle hoffte ich, dass ich eine Erkenntnis haben oder zumindest eine spezielle Energie spüren würde. Aber nichts dergleichen geschah. Ich ging einfach langsam hinein, war beeindruckt, blieb eine Weile und ging zur nächsten. Vielleicht musste ich hier die Dinge einfach zulassen, ohne sie in Worte zu fassen? Nur ganz glauben wollte ich dies nicht, und ich fand nach der letzten Höhle, ich könnte vielleicht eine schamanische Reise zu den Themen der Höhlen unternehmen – aber es gab nirgends ein Ort, der sich hierfür anbot. Ich erinnerte mich an eine Bank nicht weit weg und beschloss dorthin zu gehen, um dort die Energie der Höhlen nachwirken zu lassen und sie thematisch zu erkunden. Als ich mit auf der Bank hinlegen wollte, sah ich jedoch eine Zecke darauf kriechen. Auch dies kein Ort für mich! Etwas will mich offenbar immer noch daran hindern, mehr über die Höhlen zu erfahren. Überhaupt, ich wusste gar nicht, dass Zecken sich auch auf Bänke verirrten - lange waren dies für mich sichere Orte. Ich musste wohl auch sichere Orte in Frage stellen. Auch überraschte mich, dass Zecken bei den tiefen Temperaturen überhaupt schon unterwegs waren. Zwangsläufig musste ich weiter wandern. Bald gelangte ich zu einem Menhir, gleich neben einem schönen Wasserfall. Aber auch hier: Kein Ort, um sich hinzusetzen, kein Ort um zur Ruhe zu gelangen. Ich konnte nur den Menhir und den Wasserfall wirken lassen und weiter gehen. Die Route führte dann zu einem etwa 100 m langen Strassenabschnitt. Genau hier raste ein Feuerwehrauto an mir vorbei und die entgegenkommenden Autos mussten anhalten. Dies führte zu einem ziemlichen Gedränge, ich musste mich dicht an die Leitplanke drücken, damit mir nichts geschah. Hinzu kam, dass ich befürchtete, den toten Waschbär zu sehen, den ich genau an dieser Stelle vor ein paar Stunden gesehen hatte, als ich auf ebendieser Strasse gefahren war. Zum Glück war er entfernt worden. Überall Gefahren! Die Gefahren sind sogar so gross, dass man stirbt, wenn man nicht bei der Sache bleibt. Kurz danach sah ich dann das Feuer zu dem die Feuerwehr gefahren war  – es war wohl ein Schopf der brannte. Gefahren, Veränderung, altes brennt nieder… Keine Gelegenheit für Ruhe. Bald war ich beim Auto und hoffte, dass ich vielleicht mich auf der Bank daneben nun doch ausruhen würde können. Aber mittlerweile hatte es so viel Rauch, dass auch dies nicht ging.

Da ich sowieso auf der Rückreise war, beschloss ein Stück weiterzufahren. Auf der Route kannte ich einen Tisch bei Damvant und hoffe, dort würde ich etwas in der Natur ruhen können. Dort angekommen machte aber genau eine einzelne grosse Buche Schatten, die eigenartigerweise bereits Blätter hatte - alle anderen hatten noch kein Laub. Leben wirft Schatten… Es war viel zu kalt, um sich dort hinzulegen. Zudem hatten meine Vorgänger an dieser Stelle ein Feuer entfacht und nicht gelöscht – auch hier war alles voller Rauch und ich musste also weiter. Weil hier gerade wieder in der Schweiz, prüfte ich meine Emails und las, dass die Mutter einer Kollegin gestorben sei. Kommt wirkliche Ruhe erst im Tod? Ist Ruhe im Leben eine Illusion? Ich fuhr weiter zum Etang de Bonfol. Neben diesem Weiher würde ich aber doch etwas Ruhe finden, hoffte ich trotzdem. Nur, dort war der Zugang gesperrt, weil genau an dieser Stelle die Gleise erneuert wurden und der Bahnübergang gesperrt war. Ich dachte: Die Erneuerung eines Weges blockierte meinen Weg. Ich entschloss retour an den Weiher von Vendlincourt zu fahren. Hier störte aber ein Alphornbläser die Ruhe. Ich dachte: Der Klang eines anderen verhinderte meine Ruhe. Ich beschloss von dort zu Fuss an den Etang de Bonfol zu wandern, wählte die Strecke der Grenze entlang, wild und schön, nur konnte ich mich auch hier nirgends ausruhen – alles war zu matschig. Beim Etang de Bonfol angekommen, fand ich diesen zwar menschenleer, nur war es mittlerweile zu kalt, um auszuruhen und ich musste auch nach Vendlincourt zurück, bevor es dunkel wurde. An diesem Tag war nichts mit Ruhe…

Am nächsten Tag ging ich bei Regen auf den Kastelberg von Bendorf aus, einem keltischen Oppidum wieder in Frankreich. Da es noch kaum Laub hatte, sah ich dieses Mal mehr Ruinen und Ausgrabungen als bei früheren Besuchen. Dazu gehörten einige keltische Grabhügel. Einer davon war auf der Karte als Höhle eingezeichnet (die 6. Höhle!) und man hätte hineingehen können, aber auf halbem Weg nach unten, kehrte ich um, da ich nicht sicher war, ob ich den extrem rutschigen und matschigen Abstieg wieder hinaufklettern würde können. Ich dachte: Es ist noch nicht Zeit zum Sterben… Als nächstes kam ich zu den Grottes du Dr. Hering (die siebte Höhle!), nach dem Erforscher dieser Höhle benannt, welcher hier verunfallt war – wieder Tod... Entsprechend vorsichtig ging ich nur ein kleines Stück hinein und als ich herauskam, schien unvermittelt die Sonne, aber gleichzeitig heulte ein Sirenenalarm.

Mit dieser letzten Höhle schien die Geschichte abgeschlossen und nun gelang mir auch die schamanische Reise. Auf dieser hörte ich zu jeder der sieben Höhlen einen Klang, jedoch keine Mitteilung, keine Erkenntnis, nur einen Klang. Wollte die Sirene nach der letzten Höhle mir das gleiche sagen? Vielleicht auch der Alphornbläser? Diese Töne aus jeder Höhle schienen mir wie Wegbegleiter, ein Set von sieben Strängen, denen ich folgen konnte – vielleicht so wie das Gleis? Musste ich mein eigenes Gleis finden? Dieses Erneuern? Vielleicht gab es einen Ton für jedes Chakra – denn es waren in dieser Geschichte sieben Höhlen. Es wurde mir klar: Es waren diese Klänge, welche die eigentliche Ruhe darstellten. Diese war nicht im Aussen zu finden. Es gibt im Aussen kein Ankommen, kein Ort, wo ich die perfekte Welt finde, mich in Ruhe allem widmen kann. Immer steht etwas im Weg. Sicher, mitunter schon kurze Momente der Ruhe, diese ist aber selten nachhaltig. Ich kann mir keinen Ort der äusseren Ruhe schaffen, obwohl das so viele Menschen versuchen, sei dies mit Häusern und Gärten, mit Kirchen, Tempeln und dergleichen. Im Aussen ist immer alles in Bewegung, ich fliesse durch diese bewegte und sich ständig verändernde Welt und folge den inneren Klängen. Dort ist die Ruhe, die ich suche.  

Interessanterweise hatte ich mich in den Wochen vor der Reise mit Lärmschutzwandaufsätzen auseinandergesetzt, wo mit sogenannten Helmholtzresonatoren bestimmte Wellenlängen aus dem Lärm herausgefiltert werden, in der Hoffnung, man könne dann mit diesen Wellen den Lärm mehr nach oben ablenken und so die Wirkung der Lärmschutzwand vergrössern. Es schien mir das gleiche Prinzip: Einzelne Töne bringen Ruhe in die Unruhe.

Unweigerlich kommen dabei auch die Songlines der australischen Aborigines in den Sinn. Auch diese sprachen mitunter von Linien oder Klängen in der Landschaft, denen sie folgten. Auf einem Walkabout konnte es die Aufgabe eines jungen Menschen sein, den eigenen Klang zu finden.

Die Ruhe finde ich also im Innen, nicht im Aussen. Im Aussen sind die Dinge bewegt. Im Inneren haben wir eine Art Klangschiene, der wir einerseits folgen können und uns dadurch die nötige Ruhe gibt, sofern wir auch auf sie hören. Im Aussen sind die Dinge hingegen bewegt. Das müssen sie auch, denn das Leben ist Bewegung. Alle unsere Versuche im Aussen anzukommen scheitern deshalb. Stattdessen können wir auf unseren inneren Klang suchen und hören.



Grottes de Waroly in der Nähe von Mancenans-Lizerne. 

Donnerstag, 13. Oktober 2022

Vor dem Tod sterben

Seit dem letzten Blog sind schon einige Monate vergangen. Der Grund: Ich arbeite an einem neuen Buch, welches den grössten Teil meiner Schreibkapazität beansprucht. Aber ab und zu packt es mich trotzdem – dieses Mal wegen existentiellen Themen.

Ich war in der Franche-Comté unterwegs, einem Gebiet in Frankreich voller farn- und moosbestückten Schluchten, wunderbaren Wasserfällen, überall Quellen, manchmal ganz in blau und manchmal als ganze Flüsse aus den Felsen strömend, mit einer Höhle nach der anderen und vor allem viel Regen, unaufhörlicher Regen mit Nebel zwischen den Felsen und in den Schluchten. Ich verbrachte dieses Jahr fast sieben Wochen in diesem Gebiet, sehr oft mit dem Schirm wandernd und meist, ohne eine andere Person anzutreffen.

Dabei war die Verbundenheit mit der Natur sehr intensiv. Das war mein Ding. Nur: Zecken! Auf einer Reise hatte ich 10 Stück und eine führte zu einer Borreliose. Und auch jetzt warte ich darauf, ob nicht ein Zeckenbiss wieder zu einem roten Ring führt. Ich wollte mich verbinden, ich wollte mich voll und ganz in die Natur begeben, aber dass diese kleinen Tiere störten, verwirrte mich und brachte mich nach jedem Biss in eine existentielle Krise. Ich wusste zwar: Wenn sie rechtzeitig behandelt wird, führt eine Borreliose nicht in den Tod. Trotzdem zeigte mir jeder Biss meine Vergänglichkeit.   

Wir alle kommen einmal an ein Ende, an einen Punkt, wo es „uns“ nicht mehr gibt. Dies kann unvermittelt und plötzlich geschehen, es kann aber auch lange dauern und fast angekündigt geschehen. Diejenigen, die sich ihr eigenes Ende vor Augen halten, sagen oft, dass ihr Leben dadurch an Qualität gewinnt. Dass ihnen dabei bewusstwird, wie jeder Moment kostbar ist und dass es darum geht, nichts zu bereuen. Es gibt wohl nichts, was so stark zum Leben führt, wie der Tod. Ein Schamane lässt sich deshalb immer vom Tod begleiten.

So viel ist noch schnell einmal klar, zumindest für diejenigen, welche sich wagen, dem Tod in die Augen zu sehen. Ich möchte aber etwas weiter gehen. Es gibt mehr, als nur jeden Moment als kostbar anzuschauen. In einem weiteren Schritt gilt es, vor dem eigentlichen Tod zu sterben. Wir holen dabei also gewissermassen den Tod vor.

Wieso? Was bei unserem Tod stirbt, sind unsere Identitäten, das heisst unser Körper und alles, womit wir uns im Verlauf des Lebens identifiziert haben. Beim Tod verlieren wir also nicht nur unseren Körper, sondern auch unser Geschlecht, unsere Nationalität, unsere Rasse, unseren Beruf, unseren Zivilstand, unsere Vereinszugehörigkeit, unsere Hobbys, unseren Charakter, unsere Interessen – all diese Dinge sterben mit uns. Was hingegen nicht verloren geht, ist die Verbundenheit, welche wir mit Anderen und Anderem gespürt haben. Diese Verbundenheit bleibt.

Wenn wir nun vor unserem Tod sterben, so geht es darum, diese Identitäten bereits dann loszulassen, bevor dies mit unserem Tod unweigerlich von selbst geschieht. Das heisst, wir versuchen unsere Identifikation mit unserem Geschlecht, Nationalität, Rasse, Beruf und so weiter wegzugeben, so dass wir möglichst keine Identitäten mehr haben. Die freiwerdende Kapazität verwenden wir dann dazu, uns möglichst mit anderen Menschen, aber auch mit der Natur, mit den Steinen, den Sternen und allem, was es gibt, zu verbinden.

Mit diesem Gedanken, die neuste Zecke vor ein paar Stunden entfernt, wanderte ich zu einem einsamen Wasserfall in der Nähe von Ornans, genannt Cascade de Vaux. Dieser ergoss sich wunderschön in ein Becken, umringt von Farn und Moos – fast paradiesisch schön. Damit das Wasser jedoch diesen wunderbaren Wasserfall bilden konnte, musste es oberhalb des Falls das Bachbett loslassen. Das Wasser darf dort keinen sanft fliessenden Bach mehr sein – es muss also seine Identität als solchen verabschieden – sonst gibt es keinen Wasserfall. Und unterhalb des Wasserfalls ist das Wasser kein Wasserfall mehr, sondern ein Tümpel. Auch hier muss die Identität als Wasserfall weggegeben werden. Ständig werden also Identitäten losgelassen. Und später, das wusste ich, würde der Bach in einen Fluss münden und dieser ins Meer. Dieses ständige Loslassen würde weiter gehen. Ja, und vorher war das Wasser Regen, noch vorher eine Wolke und noch vorher Meer. Die Form geht immer verloren, die Verbundenheit mit anderem Wasser, mit der Erde, der Sonne bleibt aber bestehen. So wollte ich auch werden!

Mit diesem Gedanken sah ich, dass auf den Felsen neben dem Wasserfall die Vegetation die Form eines Herzens hatte. Ja, die Verbundenheit war Liebe. Das Loslassen der Identitäten geschieht in Liebe.  Alles schön und gut, nur durfte man dabei den Alltag nicht verpassen – oder besser gesagt, das Loslassen geht über die ganz gewöhnlichen Themen des Alltags. Dies wurde durch den nächsten Wasserfall deutlich: Dieser hiess nämlich «Petite Pisse»… Die Wanderwegtafel ist jedoch verkehrt aufgehängt – das Sterben vor dem Tod entspricht nicht unserem üblichen Vorgehen, wo es in der Regel darum geht, unsere Identitäten zu fördern. Genauso die Symbolik des darunter aufgehängten im Département Doubs üblichen Wanderwegzeichen – die umgekehrte Flagge der Ukraine. Auch bei Kriegen geht es um Identitäten. Aber das Loslassen der Identitäten bringt durchaus Glück, denn nach der «Petite Pisse» kam ich an eine unerwartet sonnige Stelle, wo ganz viele Marienkäfer auf mir landeten…

Also, so unangenehm die Geschichte mit den Zecken, so deutlich deren Mitteilung: «Sterbe bereits jetzt und verbinde dich in Liebe. Lasse die Identitäten los und spüre die Verbundenheit mit allem.»

 

 Wasserfall: Cascade de Vaux, die herzförmige Vegetation befindet sich links vom Wasserfall.                       

                             

Wegweiser zum Wasserfall «Petite Pisse».  

Die nächsten Kurse:

Die Reise zu sich selbst: Samstag, 12. November, Obi Haus Zürich: Obihaus – Kurse
Die schamanische Reise: Samstag, 26. November, Oberwiler Kurse, oberwilerkurse

Sonntag, 13. März 2022

Erkenntnisse aus dem Krieg

Kaum ist Corona vorbei (vermeintlich), kommt die nächste Krise: Krieg in der Ukraine. Wie geht der Schamane damit um? Ein Ansatz ist immer: Alles, was ich im Aussen beobachte, gibt es auch in mir selbst. Das heisst, auch der Krieg, oder besser gesagt, diejenigen Aspekte des Krieges, die mich betroffen machen, habe ich auch in mir. Der Krieg ist also eine gute Gelegenheit, Gesichtspunkte von mir zu analysieren, heilen und verbessern. Hier eine Liste von Elementen des Krieges, welche mich betroffen machen, welche Erkenntnisse ich daraus ziehe und welche Fragen sich für meine persönliche Entwicklung daraus ableiten lasse – dies als Inspiration, es auch so zu tun. Wie immer bei solchen Interpretationen, muss ich betonen, dass es sich um meine Beobachtungen handelt. Andere Menschen haben andere Themen und beobachten und interpretieren die Geschehnisse deshalb auch anders. Übrigens: Eine solche Analyse ist immer auch einen kleinen Beitrag an den Frieden. Wenn die Erkenntnisse aus Ereignissen klar sind und im persönlichen Leben umgesetzt werden, dann müssen die Ereignisse nicht mehr stattfinden oder sie machen einen nicht mehr betroffen.


Beobachtung: Der Krieg macht keinen Sinn. Der Umfang und die Härte entsprechen in keiner Art und Weise den gesteckten Zielen. 

Erkenntnis: Handlungen muss man einem konkreten Thema anpassen.

Frage: Wo sind meine Handlungen nicht angemessen?

 

Beobachtung: Eine Begründung, welche Putin für den Krieg gibt, ist die Befreiung der Ukraine von drogenabhängigen Neonazis, welche die Führung des Landes übernommen hätten. Auch soll die russischsprachige Minderheit erlöst werden. Doch ist ausgerechnet Selensky, der Präsident der Ukraine, russischsprachig und von jüdischer Abstammung. Dass Begründungen selten stimmen, sehe ich auch an vielen anderen Orten, z.B. bei Reorganisationen und Entlassungen, Erklärungen von Ämtern oder im Privaten sind die Gründe, welche mir gegeben werden, kaum stimmig, wenn man sie genauer anschaut.

Erkenntnis: Begründungen, die wir von anderen Menschen oder Organisationen hören stimmen fast nie. Die Begründungen, die wir uns selbst geben, um unser eigenes Verhalten zu rechtfertigen, stimmen meistens genauso wenig. Auch wir lügen uns selbst an. Wollen wir weiterkommen, müssen wir gegenüber uns selbst ehrlich sein.

Frage: Wo bin ich nicht ehrlich zu mir selbst?

 

Beobachtung: Scheinbar will Putin ein Grossrussland oder eine Art Fusion zwischen Russland und der Ukraine erzwingen. Beziehungen lassen sich aber nicht erzwingen. Man mag zwar die Idee haben, dass eine Beziehung gut für den anderen sei, aber wenn dieser nicht will, dann bringt es nichts.

Erkenntnis: Man kann Beziehungen nicht erzwingen. Wollen wir dies, dann zerstören wir dabei mehr, als wir allenfalls gewinnen können. Wir müssen Beziehungen ihren Lauf lassen und wenn der andere nicht will, dies auch akzeptieren.

Frage: Wo versuche ich Beziehungen zu erzwingen?


Begründung: Offenbar hat Putin mehr oder weniger in Isolation seine Idee von Grossrussland entwickelt, allenfalls wurde er von einem engen Vertrauten aufgeschaukelt.

Erkenntnis: Um gut zu entscheiden, müssen wir uns in ein Geflecht von Beziehungen begeben und Widerrede tolerieren, ja sogar willkommen heissen. Nur so sehen wir alle Optionen, die uns zur Verfügung stehen, eine unabdingbare Notwendigkeit, sogar dann, wenn wir mit dem Herzen entscheiden. Ein Herzentscheid funktioniert nur dann, wenn wir auch alle Möglichkeiten wahrgenommen haben.

Frage: Sehe ich alle Optionen, bevor ich mich entscheide?

 

Beobachtung: Der Krieg bedroht unglaublich viele unschuldige Menschenleben. Sehr viele Menschen sind direkt in Lebensgefahr, viele mehr indirekt durch Preiserhöhungen oder Angst vor einem ausgeweiteten Krieg betroffen. Wie es Einzelne trifft, ist unfair und zufällig.

Erkenntnis: Es gibt keine übergeordnete Gerechtigkeit. Äussere Dinge passieren einfach – diese sind selten fair. Ich kann aber immer in meinem Inneren heilen. Diese Freiheit bleibt mir, egal was passiert.

Frage: Wo wehre ich mich gegen die äusseren Ereignisse?

 

Beobachtung: Der Krieg hat die Corona Probleme überdeckt. Er nimmt uns die Chance, die Probleme und Ungereimtheiten aufzuarbeiten.

Erkenntnis: Wir dürfen ein Problem mit einem anderen ersetzen. Das alte Thema muss aufgearbeitet werden, auch wenn das neue dramatischer wirkt.

Frage: Wo habe ich alte Themen nicht vollständig bearbeitet?

 

Beobachtung: Es ist unklar, wie alles herauskommen wird. Wir können zu diesem Zeitpunkt kaum eine Prognose wagen, weder für die Ukraine, für Russland oder ganz konkret für unser eigenes Leben. Alles kann verhältnismässig glimpflich ablaufen oder in einem umfassenden Krieg mit Hungersnöten enden. Als einzelner Mensch können wir dies kaum beeinflussen, aber die innere Bearbeitung bleibt stets eine Möglichkeit.

Erkenntnis: Unsicherheit gehört zum Leben. Wir können aber immer die Gelegenheiten nutzen, unsere inneren Themen anzugehen.

Frage: Bearbeite ich alle meine inneren Themen?

 

Beobachtung: Putin hat ein falsches Bild der Geschichte, welche er als Begründung für den Einmarsch verwendet. Er vergisst Elemente, die nicht dazu gehören und dichtet andere hinzu.

Erkenntnis: Wir haben alle die Tendenz, unsere Geschichte verändert darzustellen. Wollen wir weiterkommen, ist jedoch eine ehrliche Betrachtung notwendig.

Erkenntnis: Nehme ich meine Vergangenheit ehrlich wahr?

 

Beobachtung: Der Westen kritisiert Russland für den unbegründeten und übertriebenen Einmarsch. Ganz ähnliches haben aber die USA im Irak und bereits zahlreiche Male vorher verschuldet. Beispielsweise haben die USA California, Nevada, Arizona, New Mexico, Colorado und Texas von Mexiko erobert oder sonst mit zwielichtigen Mitten angeeignet.

Erkenntnis: Meistens macht man das, was man an anderen kritisiert, selbst auch.

Frage: Was kritisiere ich? Mache ich das Gleiche auch?

 

Beobachtung: Europa nimmt ukrainische Flüchtlinge mit offenen Armen auf. Bei den Flüchtlingen aus Afghanistan oder Syrien war man viel zurückhaltender. Das kommt mir wie Heuchelei vor. Vermutlich werden die Ukrainer offener aufgenommen, weil man den Eindruck hat, sie seien näher verwandt oder ähnlicher, obwohl man durchaus Argumente aufführen könnte, wieso dies nicht so ist.

Erkenntnis: Menschenfreundlichkeit ist oft heuchlerisch.

Frage: Wo und wieso bin ich ein «guter» Mensch?

 

Beobachtung: Das internationale Eisenbahnlärmnetzwerk, welches ich leite, hatte wenige Tage nach dem Kriegsbeginn eine online Sitzung geplant. An dieser Sitzung hätten die russischen Bahnen zum ersten Mal teilgenommen. Sollte man sie nun ausladen oder nicht? Und wenn ja, wie? Ein Dilemma. Der einzelne russische Bahningenieur kann nichts für den Krieg und eine fachliche Besprechung könnte sogar friedensfördernd sein. Doch wurde der Druck der anderen Teilnehmer immer grösser, Russland zu boykottieren und auch ich fand, dass der russische Angriff absolut ungerechtfertigt war. Wegen dem gleichen Dilemma verbot die internationale Bahnorganisation (unter dessen Schirmherrschaft diese Sitzung stattfand) alle Sitzungen gänzlich. Wir organisierten als Folge jedoch eine informelle Sitzung, was dann aber unmittelbar vor der Sitzung wieder überflüssig wurde, weil die Bahnorganisation Russland suspendierte und die Sitzung wieder offiziell, aber ohne Russen, stattfinden konnte. Es war eine stressige Situation, in der ich oft nicht wusste, was machen und immer wieder neu entscheiden musste.

Erkenntnis: Dilemmas und schnell ändernde Situationen gehören zum Leben. Man muss sie aushalten und darin ständig neue Lösungen versuchen.

Frage: Gebe ich meinen Dilemmas genügend Raum und bin ich gewillt immer wieder neue Lösungen auszuprobieren?

 

Beobachtung: Die Farben der ukrainischen Flagge sind hellblau und gelb, diejenigen der russischen weiss, ein dunkleres blau und rot. Umgemünzt auf die Farben der Chakren, heisst dies, dass das Weltbild (dunkelblau) und die Existenz (rot) versuchen die Darstellung (hellblau) und den Standort oder die Gefühle (gelb) zu dominieren. Das Weiss (Herz) ist nicht mehr in der Mitte, sondern auf die Seite gedrängt. Interessanterweise bin ich letzten Herbst in der Franche Comté sehr oft hellblau/gelben Wanderwegzeichen gefolgt (allerdings mit gelb oben), fast wie wenn das Thema damals schon in der Luft gelegen wäre.

Erkenntnis: Die Themen von einzelnen Chakren versuchen andere zu dominieren, anstatt sich im Herzen zu verbinden.

Frage: Wo werden mein Gefühl und meine Darstellung von meinem Weltbild und existentiellen Themen verdrängt. Wie kann ich die Chakren im Herzen verbinden?

 


Wanderweg in der Franche Comté mit gelb/blauem Wanderwegzeichen.

 

Nächster Kurs: 2. April, 2022, Die Schamanische Reise von Anfang an. Ein Kurs für Anfänger und Fortgeschrittene. Oberwiler Kurse: oberwilerkurse

 

 

Donnerstag, 9. Dezember 2021

Rache? Oder Abenteuer?

Mittwoch, 1.12: Wegen einem gestrichenen Flug müssen wir bis Ende Jahr einen Flugvoucher einlösen. Wegen technischen Problemen verbringe ich viel Zeit am Telefon mit dem Help Desk. Meine Bemühungen sind erfolglos.

Donnerstag, 2.12: Ich finde doch einen Weg, den Flug zu buchen. Ich freue mich riesig. Der Voucher ist damit nicht einmal vollständig aufgebraucht.

Freitag, 3.12: Berset verkündet neue Corona Massnahmen, wiederum solche, die vor allem Grenzübertritte erschweren. Ausgerechnet einen Tag, nachdem wir gebucht haben! Gut, es geht noch sechs Monate bis zur tatsächlichen Reise – bis dann ist ja vielleicht alles wieder machbar, ein Hoffnungsschimmer besteht also noch.

Aber trotzdem: Wut! Wieso wird immer auf Menschen gezielt, die Grenzen überschreiten wollen? Diese werden viel mehr schikaniert als solche, die sich im Inland bewegen. Mit dieser Wut kommen Rachegelüste auf: Wie könnte man sich rächen, ob dem Leid, welches durch die Massnahmen verursacht wird? Langsam habe ich genug! Ich bin wütend und stehe dazu. Aber ich bin auch Schamane. Die Wut zeigt, dass ich ein Thema habe. Es steht also Arbeit bevor.

(Nebenbemerkung: Ob andere Menschen, diese Massnahme ebenfalls als Leid verursachend empfinden spielt dabei keine Rolle – es ist mein Gefühl. Andere mögen beispielsweise in Wut geraten, weil die Massnahmen zu wenig weit gehen. Das ist ihr Gefühl – und sie können auf die gleiche Art und Weise damit umgehen, wie ich hier beschreibe. Der eigentliche Sachverhalt spielt hier kaum eine Rolle.)

Woher kommt meine Wut? Reisebeschränkungen richten sich einseitig gegen Menschen, die in verschiedenen Kulturen zuhause sind – so wie ich – und deshalb Landesgrenzen überschreiten wollen oder sogar müssen. Gleichzeitig nützen solche Massnahmen nichts gegen die Fallzahlen, denn diese sind ja im Ausland meist sogar tiefer. Mit dieser Logik müsste man viel eher die Reisefreiheit innerhalb der Schweiz einschränken. Nein, es macht keinen Sinn, sondern es geht darum – so meine Empfindung - dass Menschen aus tieferen Kasten in der Schweiz diskriminiert werden.

Was meine ich damit? Nimmt man die zwei Faktoren «Bürgerrecht» und «Migrationshintergrund» so beobachte ich in der Schweiz folgende Kasten: 1) Zuoberst befinden sich die einheimischen Bürger, welche gleichzeitig einer Insiderorganisation (Zünfte, Ortsbürger, Basler Teig usw.). angehören. 2) Darauf folgen die einheimischen Schweizer Bürger, welche keinen Zugang zu einer Insiderorganisation haben. 3) Einen weiteren Rang tiefer befinden sich die Schweizer Bürger mit Migrationshintergrund (z.B. Eingebürgerte) oder Third Culture Anteilen (d.h. solche die in verschiedenen Ländern aufgewachsen sind, hierzu gehöre ich) 4) Es folgen Einwohner, ohne Schweizer Pass, welche hier aufgewachsen sind (z.B. Secondos) 5) Dann Einwohner ohne Pass, welche hierher migriert sind, 6) Schliesslich Sans Papiers. Natürlich kann man auch andere Kategorien wählen und auch dort werden bestimmte Kategorien von Menschen mit den Massnahmen benachteiligt: Menschen in Wohnungen sind von einer Quarantäne viel mehr betroffen als solche in Einfamilienhäusern, psychisch angeschlagene ebenfalls. Singles haben mehr Mühe als verheiratete. Gleisarbeit mit Maske ist beeinträchtigender als Homeoffice, ÖV-Benützer haben grössere Einschränkungen als Autofahrer, usw. Ich wähle aber die gesellschaftlichen Kasten als mein persönliches Beispiel.

Zu diesen Kasten: Die Massnahmen an der Grenze zielen vor allem auf die Kasten «Schweizer mit Migrationshintergrund» und darunter (Kaste 3-6) ab. Diese Menschen werden an den Pranger gestellt, weil sie verschiedene Kulturen in sich vereinen und deshalb von den oberen beiden Kasten als fremd bezeichnet werden. Und fremd ist böse! Deshalb müssen diese Menschen irgendwie bestraft werden. Und die meisten können sich nicht wehren, weil sie gar kein Stimmrecht haben (Kaste 4-6). Da ich mich zu den tieferen Kasten zähle (Kaste 3), fühle ich mich durch Massnahmen an der Grenze von den oberen beiden Kasten diskriminiert und bestraft. Dies ist der Grund für meine Wut. (Interessanterweise finden die Menschen noch weiter unten als ich – z.B. diejenigen, die kein Schweizer Bürgerrecht haben, ich sei im Verhältnis zu ihnen privilegiert, was natürlich auch stimmt und ich hätte deshalb nichts zu klagen. Aber man findet immer jemanden, dem es schlechter geht.)

Aber eben, gleichzeitig bin ich Schamane. Ich gehe so lange ein Thema an, bis es mich nicht mehr betroffen macht. Ob dann die Massnahmen an der Grenze oder gar das Kastendenken aufgehoben ist, spielt dabei keine Rolle. Ich gebe mir nun ein halbes Jahr Zeit: Kann ich bis dann so weit kommen, dass mich diese Themen nicht mehr betroffen machen? Mein Vorgehen:

1. Die Wut akzeptieren: Ich bin wütend und ich darf wütend sein. Es bringt wenig hier eine Zen Haltung einzunehmen und zu sagen, nein ich darf nicht wütend sein. Gleichzeitig geht es in dieser Phase nicht darum, konkret zu handeln. Ich bin einfach da und ich bin wütend. Dabei spüre ich wie sich Energiereserven öffnen, von denen ich gar nichts wusste.

2. Die Optionen anschauen: Ich muss meine konkreten Möglichkeiten vor Auge halten: Ich kann etwa die Reise nicht antreten, eine Versicherung kaufen usw.  Aber, in diesem Fall ist es wohl meine eigene Heilung die wichtigste Option. Dazu muss ich tief und ehrlich in mich hineingehen. Wieso bin ich so wütend? Wieso will ich eigentlich Rache?

3. Mit dem Herzen entscheiden: Parallel muss ich immer mit dem Herzen entscheiden, was ich konkret mache. Im Moment muss ich keine Entscheidungen fällen – die Reise ist erst in sechs Monaten. Ich kann mich in dieser Zeit voll auf meine Heilung konzentrieren. Mein Herz sagt «ja» zu meiner eigenen Heilung.

4. Umsetzen: Um mich selbst zu heilen, muss ich tief in mich hinein hören. Meine Wut und Rachegefühle kommen nach meiner Empfindung daher, dass ich wahrgenommen werden will. Anderen Kategorien von Betroffenen, etwa der Gastrobranche oder den Pflegenden, wird immer geholfen – diese werden gehört. Die Multikulturellen werden nicht wahrgenommen oder höchstens als «die Bösen». Wo habe ich dies auch schon erlebt? Es braucht hier eine Reise ganz tief in mein Innerstes.

Diesen Kreislauf muss ich nun immer wieder und wieder durchgehen.

Ich erkenne dabei: In einem gewissen Sinne ist dieses Vorgehen sogar die beste Rache von allen. Wenn mich die gesellschaftlichen Kasten und die Grenzschikanen nicht mehr betroffen machen, dann hat das System verloren. Dieses bekommt von mir keine Aufmerksamkeitsenergie mehr und dadurch habe ich es überlistet. Und statt offensichtlicher Rache habe ich nun ein Abenteuer…

Montag, 6.12.21: Mit dem übrig gebliebenen Geld buche ich einen weiteren Flug für den Herbst.

 

Grenzzaun zwischen Italien und der Schweiz am südlichsten Punkt der Schweiz. Am Tag, als der Grenzübertritt erschwert wurde, fand ich diese Öffnung im Zaun. Blick von Italien in die Schweiz.

Die neuen Kurse für 2022 sind hier: Angebot | jakoboertli.ch

Freitag, 22. Oktober 2021

Das Ende von Kulturen

Wieder gelange ich dank den Kelten zu Erkenntnissen: Ich war in Alaise, einem kleinen Dorf mit kaum 50 Einwohnern im französischen Département Doubs. Auf einer genauen Karte hatte ich in der Nähe einen Ort gesehen, welcher mit «Vestiges Gaulois», gallische Überreste, gekennzeichnet war. Dort wollte ich hin. Dies hätte mich schon unter normalen Umständen interessiert, aber ich hatte zufälligerweise ein paar Tage früher in einem Supermarkt die Zeitschrift «GEO Histoire» zum Thema «Les Gaulois» gekauft und darin gelesen, dass es offenbar eine Kontroverse um den Standort der Schlacht von Alésia gab. An diesem Ort fand im Jahr 52 vor Chr. die Entscheidungsschlacht zwischen den Römern unter Gaius Iulius Caesar und den Galliern unter der Führung des Vercingetorix statt. Letzterer hatte die verschiedenen keltischen Stämme in Gallien vereinen können, um die Römer aus Gallien zu vertreiben. Dies gelang Vercingetorix jedoch nicht. Er verlor die Schlacht und dank des Sieges der Römer, konnten diese ihre Herrschaft in Frankreich für die nächsten Jahrhunderte festigen. Kurz: In Alésia vereinten sich die gallischen Stämme ein letztes Mal, verloren jedoch, und dies führte zum Ende der keltischen Kultur in Gallien.

Aber wo fand diese Schlacht genau statt? Die allermeisten Archäologen und Historiker tippen auf Alise-Sainte-Reine in der Bourgogne – dort stehen auch Denkmäler, Touristenzentren, Museen und dergleichen. Aber nicht alle Experten teilen diese Ansicht. Einige weitere Standorte sind in Diskussion. Darunter genau das Alaise, wo ich mich gerade befand.

Ein alter verwitterter Wegweiser zeigte zum Standort. Unterwegs war ich genau auf der Nebelgrenze, was zu speziellen Lichtspielen der Sonne in den Bäumen führte. Es war aber nicht nur Idylle: In der Ferne hörte ich Motorsägen und just als ich an einem Hügel vorbeikam – später identifizierte ich diesen als ein keltischer Grabhügel – hörte ich, wie ein gefällter Baum zu Boden krachte. Ich erinnerte mich: Eine Strategie der Römer war, die Bäume in den heiligen Hainen der Kelten zu fällen, um so diesem Volk ihre spirituelle Grundlage zu rauben. Wie als Bestätigung dieser Idee folgten Stapeln von gefällten Fichten auf beiden Seiten des Weges, bevor ich zu den keltischen Überresten kam.

Und diese übertrafen alle Erwartungen: Deutlich konnte man die Befestigungsmauern erkennen, wie auch die Umrisse von Häusern und eine Strasse samt Randsteinen. Alles war mit dichten Schichten von Moos überdeckt. Die ganze Siedlung erstreckte sich über 1.5 km, auch wenn heute die Häuser nur noch in einem Teil gut sichtbar sind. Ausser mir, war da niemand. Die Siedlung war gleich oberhalb einer Felswand (Alaise kommt von einem keltischen Wort für Felswand), aber weil ich immer noch gleich an der Nebelgrenze stand, sah ich unter mir nichts als weiss. An einer Stelle ging ein alter Pfad – heute als Wanderweg ausgeschildert – einige hundert Meter nach unten zum Fluss Lison (keltisch für «kleiner Fluss»). Auf meiner ganzen Reise hatte ich immer gehofft, dass ich an einer Stelle ein Wanderwegzeichen am Boden finden würde, welches ich als Andenken mitnehmen könnte. Und genau hier fand ich das für das Département Doubs typische gelb-hellblaue Zeichen auf weissem Grund.

Dieser einsame Ort war auch genau richtig, um die Stimmung der alten Kelten zu spüren. Wieso hatten die Kelten die Schlacht um Gallien nicht gewonnen? Sie hatten den Heimvorteil. Sie hätten die Römer aus dem Hinterhalt oder mit Terrorattacken sicher besiegen können. Solches gelang dieses Jahr auch den Taliban oder vor 50 Jahren den Vietcong. Klar waren die keltischen Stämme unter sich auch nicht immer gut zu sprechen, was die Römer zu nutzen wussten. Aber diese Erklärung befriedigte mich nicht: Ich konnte nicht wirklich verstehen, wieso die Kelten die Gallierkriege nicht gewonnen hatten. Während ich darüber sinnierte, sah ich vor mir einen Pilz. Es wurde mir klar: Würde ich Pilze verstehen, dann würde ich auch den Niedergang der Kelten verstehen.

Pilze? Das, was wir als Pilz gemeinhin erkennen ist nur der Fruchtkörper, welcher nur das Fortpflanzungsorgan des im Boden sonst verbreiteten Myzels ist. Der Fruchtkörper besteht aus miteinander verwachsenen Hyphen, welche die Sporen bilden. Damit die Sporen verbreitet werden, locken die Fruchtkörper gewisser Pilze zum Beispiel mit Gerüchen Tiere an, welche den Pilz berühren oder ihn gar verspeisen, um auf diese Weise die Sporen zu verbreiten. Auch wenn dabei der Fruchtkörper eingeht, überlebt der Pilz als Ganzes oder kann sich an neuen Standorten aus den Sporen spriessen.

Genau dies hat Vercingetorix auch gemacht: Er hat die verschiedenen Keltenstämme (die Hyphen) vereint, ein Heer gebildet (der Fruchtkörper), welches Caesar anlockte aber Vercingetorix und die Kelten sind dabei eingegangen. Während Caesar die Keltenstämme eroberte, beschrieb er sie gleichzeitig genaustens. Ohne ihn, wüssten wir fast nichts über diese Kultur, denn die Kelten selbst schrieben grundsätzlich fast nichts auf. Auf diese Weise sind die Kelten zwar untergegangen, aber ihre Ideen und Philosophien sind dank Caesar immer noch bekannt. Könnte es nun sein, dass die Gallier gar nicht gewinnen wollten? Könnte es sein, dass sie wussten, dass ihre Zeit abgelaufen war? Wollten sie deshalb alles noch einmal zusammenbringen und mit der verlorenen Schlacht erreichen, dass einige ihrer Ideen weiterlebten?  

Dieses Phänomen gab es nicht nur bei den Kelten: Auch die Etrusker wussten, dass ihre Kultur nach 1000 Jahren fertig sein würde und genauso unplausibel verloren sie danach Stadt um Stadt an die Römer. Dabei nahmen die Römer viele etruskische Elemente in ihre Kultur auf und diese lebten so weiter. Weitere Beispiele: Die nordamerikanischen Indianerkultur wurden von den Europäern mehr oder weniger vernichtet, doch dank dieser Einverleibung wissen wir heute viel über sie. Und ist es nicht bei den Tibetern auch so? Wäre der Dalai Lama nicht nach Indien geflohen, wüssten wir viel weniger über den tibetischen Buddhismus. Hypothese: Vor ihrem Niedergang versuchen gewisse Kulturen möglichst viele Elemente zusammenzubringen und lassen sich dann gewissermassen aufessen. Auf diese Art lebt ein Teil ihrer Kultur weiter, auch wenn sie selbst eingehen.  

Gedankensprung: Uns als einzelne Menschen geht es doch genauso: Auch bei uns geht es wohl darum, unsere Verbindungen zusammenzubringen bevor wir sterben. Dies wollte mir das Wanderwegzeichen zeigen: Hier wurde symbolisch das dritte Chakra (gelb, Solarplexus) mit dem fünften Chakra (hellblau) im Herzen (weisser Hintergrund) zusammengebracht. Die Chakren sind die Orte, wo wir über die spirituelle Welt mit Anderem verbunden sind. Bringt man diese Chakren zusammen, geht man in Weiss beziehungsweise in Liebe auf. Genauso wie das Weiss des Nebels oberhalb der Felswand von Alaise.

Ob Kultur oder Einzelperson: Wir müssen die Dinge zusammenbringen (und nicht gegeneinander ausspielen), dabei etwas Neues sprich uns selbst werden und dann Sporen bilden. Diese Sporen können weiterleben, während wir gleichzeitig akzeptieren, dass wir als Einheit einem Ende entgegensteuern. Wir sind also die Fruchtkörper unserer Verbindungen. Lassen wir das zu.

 


Nächste Kurse:

Schamanische Reisen ins eigene Leben, 6. November, 2021, Zürich: Obihaus – Kurse

Schamane zwischen Welten, 20. November, 2021, Oberwil bei Zug: oberwilerkurse

 

Mittwoch, 25. August 2021

Zwischenwelten

Zwischen Vendlincourt, Bonfol, Courtavon und Pfetterhouse – die ersten beiden im Kanton Jura, beiden letzteren im elsässischen Sundgau – liegt ein grosser, sumpfiger, flacher Wald – der Bois Juré. Auf der Seite von Vendlincourt fliesst das Wasser in die Vendline und dann über den Doubs und die Rhone ins Mittelmeer. Auf der Seite von Courtavon in die Largue, welche über den Rhein in die Nordsee fliesst. Nicht nur geht hier eine Landesgrenze durch, sondern es besteht auch eine kontinentale Wasserscheide. Dieser Wald ist aber so flach, dass es über grosse Bereiche unklar ist, wohin das Wasser genau fliesst. Ist man in diesem Wald, so sieht man auch nicht hinaus – keine topografischen Elemente helfen bei der Orientierung. Es ist hier zudem sehr ruhig – der Lärm der menschlichen Zivilisation wird fast gänzlich vom Wald geschluckt. In diesem Wald ist es meist unklar, in welchem Land man gerade ist – z.B. führt eine französische Strasse durch die Schweiz oder Schweizer Wanderwege führen durch Frankreich – auch diese Orientierung funktioniert hier nicht. Zu gewissen Zeiten kam mit Deutschland noch ein weiteres Land hinzu und das Gebiet ist durchsäht mit alten Bunkern, Beobachtungsposten und Schützengräben aller drei Länder – heutzutage als Lehrpfade ausgeschildert, so wie der Circuit du Kilometer 0. Im Jahr 1914 machten hier die Franzosen die Schweizer Grenze zum Anfangspunkt ihrer Front. Damit wurde der Grenzstein 111 zum Kilometer Null der Westfront. Zu dieser Zeit gab es hier zudem ein Streifen Niemandsland. Ein weiteres, allerdings modernes Merkmal des Waldes ist eine Sondermülldeponie der Basler Chemie, welche jedoch mittlerweile saniert ist.

Dieser Wald ist wahrlich ein Gebiet zwischen den Welten. In diesem Forst ist es unklar, ob man nun zum Mittelmeer oder zur Nordsee, zur Schweiz oder zu Frankreich gehört. Hier kann man sich mit nichts identifizieren. In diesem Wald sind wir weder dies noch das, weder hier noch dort. Wir sind nicht ständig daran erinnert, wo und was wir sind. Wir sind hier ohne Identität.

Insgesamt verbrachte ich 11 Nächte in diesem Wald.

Dies ist ein Ort für Schamanen. Dort wo die Identitäten verloren gehen, können wir uns auf Verbindungen konzentrieren und so spüren, wohin es uns wirklich zieht. Hier in dieser Zwischenwelt können wir in Ruhe verstehen, um was es wirklich geht. Was ist real? Was ist Illusion? Hier können wir also erkennen, wo und wie es weitergeht.

Solche Zwischenwelten gibt es natürlich nicht nur im Bois Juré, sondern diese sind überall anzutreffen. Viele Menschen haben diese von Haus aus – sie sind etwa in verschiedenen Ländern aufgewachsen und haben unterschiedliche Kulturen und deshalb solche Zwischenwelten ständig in sich selbst. Andere Menschen sind etwa bei der Arbeit gänzlich anderen Kulturen ausgesetzt als in ihrem familiären Umfeld. Weitere befinden sich zwischen zwei Lebensphasen – haben sich etwa von einem Partner getrennt und sind vorübergehend alleinstehend. Andere stehen zwischen zwei Arbeitsstellen. Diese Zwischenwelten gibt es also immer wieder und überall. Wir müssen sie jedoch wahrnehmen und wertschätzen. Wir müssen die Gelegenheit packen und unsere Identitäten loslassen, uns auf uns selbst besinnen und in Ruhe auf unser Herzen hören. So spüren wir, wohin es als nächstes geht. Und dann wird es plötzlich doch klar, ob wir nun in die Vendline oder in die Largue fliessen…

Aber dieser Zwischenbereich hat auch seine Gefahren: Wir sind hier sehr empfindlich. Potenzielle Angreifer können dies ausnutzen und beispielsweise ihren Müll bei uns deponieren, so wie dies die Basler Chemie in der Deponie tat. Oder die Angreifer versuchen uns davon zu überreden, ihren Weg zu gehen – wie die Berater, Versicherungsvertreter, Missionare und dergleichen, welche uns in diesen empfindlichen Zeiten kontaktieren. Menschen in Zwischenwelten sind anfällig auf solche Angriffe. Wie gehen wir damit um? Wir müssen uns bewusst sein, dass es sie gibt. Wir anerkennen, dass die Zwischenwelt nicht ein geschütztes Refugium ist und wir müssen Kontaktaufnahmen und Hilfeleistungen sehr kritisch hinterfragen. Es geht um uns und nicht um andere. Genauso wie ein Wassertropfen im Bois Juré sorgfältig die natürliche Topografie spüren muss, um nicht durch die Störung der Deponie abgelenkt zu werden. Wir müssen also Störungen als solche anerkennen und dann ignorieren.

Wir können in diesem Wald aber noch mehr erkennen: Auch die Zahlensymbolik unterstützt uns. In der Numerologie symbolisiert die Zahl 111 oft, dass wir auf eine Mitteilung achten müssen, um unser Potential zu erfüllen. Diese Mitteilungen sind oft sehr diskret, so dass wir genau hinschauen müssen. Damit die Mitteilung nicht verfälscht wird, werden wir eine Zeitlang die Null, genauso wie der Grenzstein 111 zum Kilometer 0 deklariert wurde. Hier ist alles aufgelöst und wir haben keine Identität mehr. Die Null symbolisiert die Zwischenwelt sowie ein Neuanfang aus dem Nichts. Auch die 11 Nächte passen. Die Zahl 11 will uns auffordern, die eigenen blinden Flecken zu erkennen. Denn tun wir dies nicht, dann nützen die anderen Zeichen wenig.

Wieso heisst der Wald «Bois Juré»? Übersetzt bedeutet dies «der Wald der Geschworenen», oder einen Ort, wo man schwört beziehungsweise einen Eid ablegt. «Le Juré» heisst auch der Richter. Auch dies gehört zur Zwischenwelt. Dies ist ein Ort, wo man eine Entscheidung fällt und gegenüber sich selbst den Eid ablegt, wirklich seinen Weg zu gehen. Zieht es uns zur Vendline, dann folgen wir ihr danach mit aller Konsequenz, zieht es uns zur Largue, selbstverständlich auch. Interessanterweise gibt es aber noch eine Möglichkeit zur Korrektur – einige Kilometer nördlich vermischen sich die Gewässer im Canal du Rhône au Rhin. Man verspricht sich zwar, den Weg zu folgen, aber so kritisch ist es dann auch wieder nicht – Änderungen sind immer möglich.

Ich landete mehr oder weniger durch Zufall an dieser Stelle. Es war nicht die ursprüngliche Absicht. Aber einmal gefunden, zog es mich immer wieder hin, bis es am Ende 11 Nächte waren. Auch dies war kein Plan – es geschah einfach so. So ist es mit dem Zwischenwelten: Diese entstehen immer wieder und meist ungeplant. Aber sind sie einmal da, dann halten wir inne, anerkennen ihre Bedeutung und geben nicht dem Drang nach, rasch irgendwo anders hinzugehen. 

Sumpfiger Wald bei Bonfol

In eigener Sache: Zum Thema Zwischenwelten werde ich am 20.11.21 in Oberwil bei Zug einen Kurs anbieten. Hier können wir diese Themen gründlich besprechen und Übungen dazu durchführen: oberwilerkurse.