Donnerstag, 9. Dezember 2021

Rache? Oder Abenteuer?

Mittwoch, 1.12: Wegen einem gestrichenen Flug müssen wir bis Ende Jahr einen Flugvoucher einlösen. Wegen technischen Problemen verbringe ich viel Zeit am Telefon mit dem Help Desk. Meine Bemühungen sind erfolglos.

Donnerstag, 2.12: Ich finde doch einen Weg, den Flug zu buchen. Ich freue mich riesig. Der Voucher ist damit nicht einmal vollständig aufgebraucht.

Freitag, 3.12: Berset verkündet neue Corona Massnahmen, wiederum solche, die vor allem Grenzübertritte erschweren. Ausgerechnet einen Tag, nachdem wir gebucht haben! Gut, es geht noch sechs Monate bis zur tatsächlichen Reise – bis dann ist ja vielleicht alles wieder machbar, ein Hoffnungsschimmer besteht also noch.

Aber trotzdem: Wut! Wieso wird immer auf Menschen gezielt, die Grenzen überschreiten wollen? Diese werden viel mehr schikaniert als solche, die sich im Inland bewegen. Mit dieser Wut kommen Rachegelüste auf: Wie könnte man sich rächen, ob dem Leid, welches durch die Massnahmen verursacht wird? Langsam habe ich genug! Ich bin wütend und stehe dazu. Aber ich bin auch Schamane. Die Wut zeigt, dass ich ein Thema habe. Es steht also Arbeit bevor.

(Nebenbemerkung: Ob andere Menschen, diese Massnahme ebenfalls als Leid verursachend empfinden spielt dabei keine Rolle – es ist mein Gefühl. Andere mögen beispielsweise in Wut geraten, weil die Massnahmen zu wenig weit gehen. Das ist ihr Gefühl – und sie können auf die gleiche Art und Weise damit umgehen, wie ich hier beschreibe. Der eigentliche Sachverhalt spielt hier kaum eine Rolle.)

Woher kommt meine Wut? Reisebeschränkungen richten sich einseitig gegen Menschen, die in verschiedenen Kulturen zuhause sind – so wie ich – und deshalb Landesgrenzen überschreiten wollen oder sogar müssen. Gleichzeitig nützen solche Massnahmen nichts gegen die Fallzahlen, denn diese sind ja im Ausland meist sogar tiefer. Mit dieser Logik müsste man viel eher die Reisefreiheit innerhalb der Schweiz einschränken. Nein, es macht keinen Sinn, sondern es geht darum – so meine Empfindung - dass Menschen aus tieferen Kasten in der Schweiz diskriminiert werden.

Was meine ich damit? Nimmt man die zwei Faktoren «Bürgerrecht» und «Migrationshintergrund» so beobachte ich in der Schweiz folgende Kasten: 1) Zuoberst befinden sich die einheimischen Bürger, welche gleichzeitig einer Insiderorganisation (Zünfte, Ortsbürger, Basler Teig usw.). angehören. 2) Darauf folgen die einheimischen Schweizer Bürger, welche keinen Zugang zu einer Insiderorganisation haben. 3) Einen weiteren Rang tiefer befinden sich die Schweizer Bürger mit Migrationshintergrund (z.B. Eingebürgerte) oder Third Culture Anteilen (d.h. solche die in verschiedenen Ländern aufgewachsen sind, hierzu gehöre ich) 4) Es folgen Einwohner, ohne Schweizer Pass, welche hier aufgewachsen sind (z.B. Secondos) 5) Dann Einwohner ohne Pass, welche hierher migriert sind, 6) Schliesslich Sans Papiers. Natürlich kann man auch andere Kategorien wählen und auch dort werden bestimmte Kategorien von Menschen mit den Massnahmen benachteiligt: Menschen in Wohnungen sind von einer Quarantäne viel mehr betroffen als solche in Einfamilienhäusern, psychisch angeschlagene ebenfalls. Singles haben mehr Mühe als verheiratete. Gleisarbeit mit Maske ist beeinträchtigender als Homeoffice, ÖV-Benützer haben grössere Einschränkungen als Autofahrer, usw. Ich wähle aber die gesellschaftlichen Kasten als mein persönliches Beispiel.

Zu diesen Kasten: Die Massnahmen an der Grenze zielen vor allem auf die Kasten «Schweizer mit Migrationshintergrund» und darunter (Kaste 3-6) ab. Diese Menschen werden an den Pranger gestellt, weil sie verschiedene Kulturen in sich vereinen und deshalb von den oberen beiden Kasten als fremd bezeichnet werden. Und fremd ist böse! Deshalb müssen diese Menschen irgendwie bestraft werden. Und die meisten können sich nicht wehren, weil sie gar kein Stimmrecht haben (Kaste 4-6). Da ich mich zu den tieferen Kasten zähle (Kaste 3), fühle ich mich durch Massnahmen an der Grenze von den oberen beiden Kasten diskriminiert und bestraft. Dies ist der Grund für meine Wut. (Interessanterweise finden die Menschen noch weiter unten als ich – z.B. diejenigen, die kein Schweizer Bürgerrecht haben, ich sei im Verhältnis zu ihnen privilegiert, was natürlich auch stimmt und ich hätte deshalb nichts zu klagen. Aber man findet immer jemanden, dem es schlechter geht.)

Aber eben, gleichzeitig bin ich Schamane. Ich gehe so lange ein Thema an, bis es mich nicht mehr betroffen macht. Ob dann die Massnahmen an der Grenze oder gar das Kastendenken aufgehoben ist, spielt dabei keine Rolle. Ich gebe mir nun ein halbes Jahr Zeit: Kann ich bis dann so weit kommen, dass mich diese Themen nicht mehr betroffen machen? Mein Vorgehen:

1. Die Wut akzeptieren: Ich bin wütend und ich darf wütend sein. Es bringt wenig hier eine Zen Haltung einzunehmen und zu sagen, nein ich darf nicht wütend sein. Gleichzeitig geht es in dieser Phase nicht darum, konkret zu handeln. Ich bin einfach da und ich bin wütend. Dabei spüre ich wie sich Energiereserven öffnen, von denen ich gar nichts wusste.

2. Die Optionen anschauen: Ich muss meine konkreten Möglichkeiten vor Auge halten: Ich kann etwa die Reise nicht antreten, eine Versicherung kaufen usw.  Aber, in diesem Fall ist es wohl meine eigene Heilung die wichtigste Option. Dazu muss ich tief und ehrlich in mich hineingehen. Wieso bin ich so wütend? Wieso will ich eigentlich Rache?

3. Mit dem Herzen entscheiden: Parallel muss ich immer mit dem Herzen entscheiden, was ich konkret mache. Im Moment muss ich keine Entscheidungen fällen – die Reise ist erst in sechs Monaten. Ich kann mich in dieser Zeit voll auf meine Heilung konzentrieren. Mein Herz sagt «ja» zu meiner eigenen Heilung.

4. Umsetzen: Um mich selbst zu heilen, muss ich tief in mich hinein hören. Meine Wut und Rachegefühle kommen nach meiner Empfindung daher, dass ich wahrgenommen werden will. Anderen Kategorien von Betroffenen, etwa der Gastrobranche oder den Pflegenden, wird immer geholfen – diese werden gehört. Die Multikulturellen werden nicht wahrgenommen oder höchstens als «die Bösen». Wo habe ich dies auch schon erlebt? Es braucht hier eine Reise ganz tief in mein Innerstes.

Diesen Kreislauf muss ich nun immer wieder und wieder durchgehen.

Ich erkenne dabei: In einem gewissen Sinne ist dieses Vorgehen sogar die beste Rache von allen. Wenn mich die gesellschaftlichen Kasten und die Grenzschikanen nicht mehr betroffen machen, dann hat das System verloren. Dieses bekommt von mir keine Aufmerksamkeitsenergie mehr und dadurch habe ich es überlistet. Und statt offensichtlicher Rache habe ich nun ein Abenteuer…

Montag, 6.12.21: Mit dem übrig gebliebenen Geld buche ich einen weiteren Flug für den Herbst.

 

Grenzzaun zwischen Italien und der Schweiz am südlichsten Punkt der Schweiz. Am Tag, als der Grenzübertritt erschwert wurde, fand ich diese Öffnung im Zaun. Blick von Italien in die Schweiz.

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Freitag, 22. Oktober 2021

Das Ende von Kulturen

Wieder gelange ich dank den Kelten zu Erkenntnissen: Ich war in Alaise, einem kleinen Dorf mit kaum 50 Einwohnern im französischen Département Doubs. Auf einer genauen Karte hatte ich in der Nähe einen Ort gesehen, welcher mit «Vestiges Gaulois», gallische Überreste, gekennzeichnet war. Dort wollte ich hin. Dies hätte mich schon unter normalen Umständen interessiert, aber ich hatte zufälligerweise ein paar Tage früher in einem Supermarkt die Zeitschrift «GEO Histoire» zum Thema «Les Gaulois» gekauft und darin gelesen, dass es offenbar eine Kontroverse um den Standort der Schlacht von Alésia gab. An diesem Ort fand im Jahr 52 vor Chr. die Entscheidungsschlacht zwischen den Römern unter Gaius Iulius Caesar und den Galliern unter der Führung des Vercingetorix statt. Letzterer hatte die verschiedenen keltischen Stämme in Gallien vereinen können, um die Römer aus Gallien zu vertreiben. Dies gelang Vercingetorix jedoch nicht. Er verlor die Schlacht und dank des Sieges der Römer, konnten diese ihre Herrschaft in Frankreich für die nächsten Jahrhunderte festigen. Kurz: In Alésia vereinten sich die gallischen Stämme ein letztes Mal, verloren jedoch, und dies führte zum Ende der keltischen Kultur in Gallien.

Aber wo fand diese Schlacht genau statt? Die allermeisten Archäologen und Historiker tippen auf Alise-Sainte-Reine in der Bourgogne – dort stehen auch Denkmäler, Touristenzentren, Museen und dergleichen. Aber nicht alle Experten teilen diese Ansicht. Einige weitere Standorte sind in Diskussion. Darunter genau das Alaise, wo ich mich gerade befand.

Ein alter verwitterter Wegweiser zeigte zum Standort. Unterwegs war ich genau auf der Nebelgrenze, was zu speziellen Lichtspielen der Sonne in den Bäumen führte. Es war aber nicht nur Idylle: In der Ferne hörte ich Motorsägen und just als ich an einem Hügel vorbeikam – später identifizierte ich diesen als ein keltischer Grabhügel – hörte ich, wie ein gefällter Baum zu Boden krachte. Ich erinnerte mich: Eine Strategie der Römer war, die Bäume in den heiligen Hainen der Kelten zu fällen, um so diesem Volk ihre spirituelle Grundlage zu rauben. Wie als Bestätigung dieser Idee folgten Stapeln von gefällten Fichten auf beiden Seiten des Weges, bevor ich zu den keltischen Überresten kam.

Und diese übertrafen alle Erwartungen: Deutlich konnte man die Befestigungsmauern erkennen, wie auch die Umrisse von Häusern und eine Strasse samt Randsteinen. Alles war mit dichten Schichten von Moos überdeckt. Die ganze Siedlung erstreckte sich über 1.5 km, auch wenn heute die Häuser nur noch in einem Teil gut sichtbar sind. Ausser mir, war da niemand. Die Siedlung war gleich oberhalb einer Felswand (Alaise kommt von einem keltischen Wort für Felswand), aber weil ich immer noch gleich an der Nebelgrenze stand, sah ich unter mir nichts als weiss. An einer Stelle ging ein alter Pfad – heute als Wanderweg ausgeschildert – einige hundert Meter nach unten zum Fluss Lison (keltisch für «kleiner Fluss»). Auf meiner ganzen Reise hatte ich immer gehofft, dass ich an einer Stelle ein Wanderwegzeichen am Boden finden würde, welches ich als Andenken mitnehmen könnte. Und genau hier fand ich das für das Département Doubs typische gelb-hellblaue Zeichen auf weissem Grund.

Dieser einsame Ort war auch genau richtig, um die Stimmung der alten Kelten zu spüren. Wieso hatten die Kelten die Schlacht um Gallien nicht gewonnen? Sie hatten den Heimvorteil. Sie hätten die Römer aus dem Hinterhalt oder mit Terrorattacken sicher besiegen können. Solches gelang dieses Jahr auch den Taliban oder vor 50 Jahren den Vietcong. Klar waren die keltischen Stämme unter sich auch nicht immer gut zu sprechen, was die Römer zu nutzen wussten. Aber diese Erklärung befriedigte mich nicht: Ich konnte nicht wirklich verstehen, wieso die Kelten die Gallierkriege nicht gewonnen hatten. Während ich darüber sinnierte, sah ich vor mir einen Pilz. Es wurde mir klar: Würde ich Pilze verstehen, dann würde ich auch den Niedergang der Kelten verstehen.

Pilze? Das, was wir als Pilz gemeinhin erkennen ist nur der Fruchtkörper, welcher nur das Fortpflanzungsorgan des im Boden sonst verbreiteten Myzels ist. Der Fruchtkörper besteht aus miteinander verwachsenen Hyphen, welche die Sporen bilden. Damit die Sporen verbreitet werden, locken die Fruchtkörper gewisser Pilze zum Beispiel mit Gerüchen Tiere an, welche den Pilz berühren oder ihn gar verspeisen, um auf diese Weise die Sporen zu verbreiten. Auch wenn dabei der Fruchtkörper eingeht, überlebt der Pilz als Ganzes oder kann sich an neuen Standorten aus den Sporen spriessen.

Genau dies hat Vercingetorix auch gemacht: Er hat die verschiedenen Keltenstämme (die Hyphen) vereint, ein Heer gebildet (der Fruchtkörper), welches Caesar anlockte aber Vercingetorix und die Kelten sind dabei eingegangen. Während Caesar die Keltenstämme eroberte, beschrieb er sie gleichzeitig genaustens. Ohne ihn, wüssten wir fast nichts über diese Kultur, denn die Kelten selbst schrieben grundsätzlich fast nichts auf. Auf diese Weise sind die Kelten zwar untergegangen, aber ihre Ideen und Philosophien sind dank Caesar immer noch bekannt. Könnte es nun sein, dass die Gallier gar nicht gewinnen wollten? Könnte es sein, dass sie wussten, dass ihre Zeit abgelaufen war? Wollten sie deshalb alles noch einmal zusammenbringen und mit der verlorenen Schlacht erreichen, dass einige ihrer Ideen weiterlebten?  

Dieses Phänomen gab es nicht nur bei den Kelten: Auch die Etrusker wussten, dass ihre Kultur nach 1000 Jahren fertig sein würde und genauso unplausibel verloren sie danach Stadt um Stadt an die Römer. Dabei nahmen die Römer viele etruskische Elemente in ihre Kultur auf und diese lebten so weiter. Weitere Beispiele: Die nordamerikanischen Indianerkultur wurden von den Europäern mehr oder weniger vernichtet, doch dank dieser Einverleibung wissen wir heute viel über sie. Und ist es nicht bei den Tibetern auch so? Wäre der Dalai Lama nicht nach Indien geflohen, wüssten wir viel weniger über den tibetischen Buddhismus. Hypothese: Vor ihrem Niedergang versuchen gewisse Kulturen möglichst viele Elemente zusammenzubringen und lassen sich dann gewissermassen aufessen. Auf diese Art lebt ein Teil ihrer Kultur weiter, auch wenn sie selbst eingehen.  

Gedankensprung: Uns als einzelne Menschen geht es doch genauso: Auch bei uns geht es wohl darum, unsere Verbindungen zusammenzubringen bevor wir sterben. Dies wollte mir das Wanderwegzeichen zeigen: Hier wurde symbolisch das dritte Chakra (gelb, Solarplexus) mit dem fünften Chakra (hellblau) im Herzen (weisser Hintergrund) zusammengebracht. Die Chakren sind die Orte, wo wir über die spirituelle Welt mit Anderem verbunden sind. Bringt man diese Chakren zusammen, geht man in Weiss beziehungsweise in Liebe auf. Genauso wie das Weiss des Nebels oberhalb der Felswand von Alaise.

Ob Kultur oder Einzelperson: Wir müssen die Dinge zusammenbringen (und nicht gegeneinander ausspielen), dabei etwas Neues sprich uns selbst werden und dann Sporen bilden. Diese Sporen können weiterleben, während wir gleichzeitig akzeptieren, dass wir als Einheit einem Ende entgegensteuern. Wir sind also die Fruchtkörper unserer Verbindungen. Lassen wir das zu.

 


Nächste Kurse:

Schamanische Reisen ins eigene Leben, 6. November, 2021, Zürich: Obihaus – Kurse

Schamane zwischen Welten, 20. November, 2021, Oberwil bei Zug: oberwilerkurse

 

Mittwoch, 25. August 2021

Zwischenwelten

Zwischen Vendlincourt, Bonfol, Courtavon und Pfetterhouse – die ersten beiden im Kanton Jura, beiden letzteren im elsässischen Sundgau – liegt ein grosser, sumpfiger, flacher Wald – der Bois Juré. Auf der Seite von Vendlincourt fliesst das Wasser in die Vendline und dann über den Doubs und die Rhone ins Mittelmeer. Auf der Seite von Courtavon in die Largue, welche über den Rhein in die Nordsee fliesst. Nicht nur geht hier eine Landesgrenze durch, sondern es besteht auch eine kontinentale Wasserscheide. Dieser Wald ist aber so flach, dass es über grosse Bereiche unklar ist, wohin das Wasser genau fliesst. Ist man in diesem Wald, so sieht man auch nicht hinaus – keine topografischen Elemente helfen bei der Orientierung. Es ist hier zudem sehr ruhig – der Lärm der menschlichen Zivilisation wird fast gänzlich vom Wald geschluckt. In diesem Wald ist es meist unklar, in welchem Land man gerade ist – z.B. führt eine französische Strasse durch die Schweiz oder Schweizer Wanderwege führen durch Frankreich – auch diese Orientierung funktioniert hier nicht. Zu gewissen Zeiten kam mit Deutschland noch ein weiteres Land hinzu und das Gebiet ist durchsäht mit alten Bunkern, Beobachtungsposten und Schützengräben aller drei Länder – heutzutage als Lehrpfade ausgeschildert, so wie der Circuit du Kilometer 0. Im Jahr 1914 machten hier die Franzosen die Schweizer Grenze zum Anfangspunkt ihrer Front. Damit wurde der Grenzstein 111 zum Kilometer Null der Westfront. Zu dieser Zeit gab es hier zudem ein Streifen Niemandsland. Ein weiteres, allerdings modernes Merkmal des Waldes ist eine Sondermülldeponie der Basler Chemie, welche jedoch mittlerweile saniert ist.

Dieser Wald ist wahrlich ein Gebiet zwischen den Welten. In diesem Forst ist es unklar, ob man nun zum Mittelmeer oder zur Nordsee, zur Schweiz oder zu Frankreich gehört. Hier kann man sich mit nichts identifizieren. In diesem Wald sind wir weder dies noch das, weder hier noch dort. Wir sind nicht ständig daran erinnert, wo und was wir sind. Wir sind hier ohne Identität.

Insgesamt verbrachte ich 11 Nächte in diesem Wald.

Dies ist ein Ort für Schamanen. Dort wo die Identitäten verloren gehen, können wir uns auf Verbindungen konzentrieren und so spüren, wohin es uns wirklich zieht. Hier in dieser Zwischenwelt können wir in Ruhe verstehen, um was es wirklich geht. Was ist real? Was ist Illusion? Hier können wir also erkennen, wo und wie es weitergeht.

Solche Zwischenwelten gibt es natürlich nicht nur im Bois Juré, sondern diese sind überall anzutreffen. Viele Menschen haben diese von Haus aus – sie sind etwa in verschiedenen Ländern aufgewachsen und haben unterschiedliche Kulturen und deshalb solche Zwischenwelten ständig in sich selbst. Andere Menschen sind etwa bei der Arbeit gänzlich anderen Kulturen ausgesetzt als in ihrem familiären Umfeld. Weitere befinden sich zwischen zwei Lebensphasen – haben sich etwa von einem Partner getrennt und sind vorübergehend alleinstehend. Andere stehen zwischen zwei Arbeitsstellen. Diese Zwischenwelten gibt es also immer wieder und überall. Wir müssen sie jedoch wahrnehmen und wertschätzen. Wir müssen die Gelegenheit packen und unsere Identitäten loslassen, uns auf uns selbst besinnen und in Ruhe auf unser Herzen hören. So spüren wir, wohin es als nächstes geht. Und dann wird es plötzlich doch klar, ob wir nun in die Vendline oder in die Largue fliessen…

Aber dieser Zwischenbereich hat auch seine Gefahren: Wir sind hier sehr empfindlich. Potenzielle Angreifer können dies ausnutzen und beispielsweise ihren Müll bei uns deponieren, so wie dies die Basler Chemie in der Deponie tat. Oder die Angreifer versuchen uns davon zu überreden, ihren Weg zu gehen – wie die Berater, Versicherungsvertreter, Missionare und dergleichen, welche uns in diesen empfindlichen Zeiten kontaktieren. Menschen in Zwischenwelten sind anfällig auf solche Angriffe. Wie gehen wir damit um? Wir müssen uns bewusst sein, dass es sie gibt. Wir anerkennen, dass die Zwischenwelt nicht ein geschütztes Refugium ist und wir müssen Kontaktaufnahmen und Hilfeleistungen sehr kritisch hinterfragen. Es geht um uns und nicht um andere. Genauso wie ein Wassertropfen im Bois Juré sorgfältig die natürliche Topografie spüren muss, um nicht durch die Störung der Deponie abgelenkt zu werden. Wir müssen also Störungen als solche anerkennen und dann ignorieren.

Wir können in diesem Wald aber noch mehr erkennen: Auch die Zahlensymbolik unterstützt uns. In der Numerologie symbolisiert die Zahl 111 oft, dass wir auf eine Mitteilung achten müssen, um unser Potential zu erfüllen. Diese Mitteilungen sind oft sehr diskret, so dass wir genau hinschauen müssen. Damit die Mitteilung nicht verfälscht wird, werden wir eine Zeitlang die Null, genauso wie der Grenzstein 111 zum Kilometer 0 deklariert wurde. Hier ist alles aufgelöst und wir haben keine Identität mehr. Die Null symbolisiert die Zwischenwelt sowie ein Neuanfang aus dem Nichts. Auch die 11 Nächte passen. Die Zahl 11 will uns auffordern, die eigenen blinden Flecken zu erkennen. Denn tun wir dies nicht, dann nützen die anderen Zeichen wenig.

Wieso heisst der Wald «Bois Juré»? Übersetzt bedeutet dies «der Wald der Geschworenen», oder einen Ort, wo man schwört beziehungsweise einen Eid ablegt. «Le Juré» heisst auch der Richter. Auch dies gehört zur Zwischenwelt. Dies ist ein Ort, wo man eine Entscheidung fällt und gegenüber sich selbst den Eid ablegt, wirklich seinen Weg zu gehen. Zieht es uns zur Vendline, dann folgen wir ihr danach mit aller Konsequenz, zieht es uns zur Largue, selbstverständlich auch. Interessanterweise gibt es aber noch eine Möglichkeit zur Korrektur – einige Kilometer nördlich vermischen sich die Gewässer im Canal du Rhône au Rhin. Man verspricht sich zwar, den Weg zu folgen, aber so kritisch ist es dann auch wieder nicht – Änderungen sind immer möglich.

Ich landete mehr oder weniger durch Zufall an dieser Stelle. Es war nicht die ursprüngliche Absicht. Aber einmal gefunden, zog es mich immer wieder hin, bis es am Ende 11 Nächte waren. Auch dies war kein Plan – es geschah einfach so. So ist es mit dem Zwischenwelten: Diese entstehen immer wieder und meist ungeplant. Aber sind sie einmal da, dann halten wir inne, anerkennen ihre Bedeutung und geben nicht dem Drang nach, rasch irgendwo anders hinzugehen. 

Sumpfiger Wald bei Bonfol

In eigener Sache: Zum Thema Zwischenwelten werde ich am 20.11.21 in Oberwil bei Zug einen Kurs anbieten. Hier können wir diese Themen gründlich besprechen und Übungen dazu durchführen: oberwilerkurse.


Montag, 5. April 2021

Videokonferenzen: Weshalb wir so viel Energie verlieren

Sie heissen Zoom, Teams, GoToMeeting, WebEx, Skype. Seit mehr als einem Jahr kommuniziere ich beim Arbeiten hauptsächlich mittels solchen Videokonferenzen. Gewisse, mir lieb gewordene Menschen, mit denen ich viel zusammenarbeiten muss, habe ich seit Oktober 2019 nicht mehr gesehen. Das heisst, ich sehe sie schon, immer wieder, sogar viel häufiger als vorher, aber immer auf einem Bildschirm. Ich sitze in meinem Zimmer und nehme an einem solchen «Call» nach dem anderen teil, manchmal in dieser Sprache, dann in der nächsten, manchmal sind es Personen aus der Schweiz, manchmal aus der ganzen Welt, manchmal ist es nur eine Person, manchmal eine Gruppe, mitunter sogar mehrere Hundert Menschen auf einmal. Was ich aber jedes Mal beobachte: Ich bin am Ende komplett ausgelaugt. Und zwar viel mehr, als wäre ich an eine Sitzung gereist und hätte die anderen Menschen live gesehen. Sogar dann, wenn diese Reise äusserst mühselig war. Nicht nur bin ich ausgelaugt, sondern eigenartig traurig und deprimiert, manchmal auch sehr aggressiv, nachdem ich auf «verlassen» gedrückt habe – dies, obwohl ich schon zuhause bin und mich gleich irgendeiner Freizeitaktivität widmen könnte. Was läuft hier ab? Irgendetwas gibt es hier zu entdecken.  

Ich bin der Sache nachgegangen und habe folgendes aufgespürt: Jedes technische System, welches wir für unsere Kommunikation einsetzen, parasitiert die Verbindung zu einem anderen Menschen. Verbindungparasiten habe ich schon in einem früheren Blog beschrieben (Schamanismus mit Jakob Oertli: Verbindungsparasitismus: Fallbeispiel Mountainbiker), als ich aufzeigte wie Mountainbiker die Verbindung von anderen Menschen zur Natur parasitieren und mit dieser Energie ihre Identität als Mountainbiker stützen. Ebenfalls habe ich in einem Blog vor zwei Jahren (Schamanismus mit Jakob Oertli: Wieso gibt es etwas und nicht vielmehr nichts? Die schamanischen Konsequenzen einer tiefgründigen Frage.) aufgezeigt, wie Verbindungen das eigentlich Reale sind und nicht die Dinge selbst, obwohl wir uns an diese Identitäten klammern. Bei Videokonferenzen geschieht nun etwas ganz Ähnliches und dies erklärt den Energieverlust. Hierzu möchte ich einen Schritt zurück gehen und das Bild von Wellen in einem Meer aufrufen:

Im Prinzip sind wir Menschen und alle anderen Dinge Teil einer grossen Masse von Verbindungen, welche nicht unmittelbar sichtbar sind, sondern zum Beispiel aus Chakra Verbindungen bestehen und die wir etwa durch die Ausstrahlung oder das Charisma einer anderen Person feststellen. Unser Selbst ist in diesem Bild eine Welle im Meer: Wir sind zwar als etwas Separates erkennbar, aber wir sind immer ein Teil des ganzen Meeres. Das Meer stellt in diesem Bild die Summe aller Verbindungen dar und wir sind während unseres Lebens lediglich ein Teil dieser Gesamtmenge von Verbindungen. «Nur» eine Welle zu sein reicht aber den meisten Menschen nicht – sie wollen eindeutig etwas Separates sein und sie bauen sich im Meer Grenzen auf – sie sind dann vergleichbar etwa mit einer Boje, welche im Meer schwimmt. Dieser Blickwinkel ist sehr häufig und die meisten Menschen würden alle materiellen Dinge des Alltages als separate Einheiten ansehen, so eben wie eine Boje, und nicht als Bündel von Verbundenheit, so wie eine Welle im Meer.

Eine Welle erhält die Energie für ihre Bewegung vom Wind. Analog erhält ein Mensch, der sich als verbundene Einheit empfindet, seine Lebensenergie oder seinen Lebensfunken durch die Verbindung, etwa durch die Liebe. So folgen sowohl Wellen wie auch der verbundene Mensch ihre Wege. Bei einer separaten Einheit ist aber eine zusätzliche Energie notwendig, um die Grenzen zu Anderem aufrecht zu erhalten. Es benötigte etwa Energie, um den Kunststoff der Boye zu produzieren und auch um sie mit einem Anker an Ort und Stelle zu halten. Analog muss auch ein Mensch, welcher eine separate Identität aufbauen will, sich Fremdenergie beschaffen – Liebe allein genügt nicht. Eine Möglichkeit, zu dieser Energie zu gelangen, ist das Parasitieren von Verbindungen. Eine Boje im Meer stört den natürlichen Wellengang. Dabei macht eine einzelne nicht viel aus – aber wenn es ganz viele werden, sieht es anders aus – da hat der Wind kaum mehr eine Chance. Analog stört ein identitätssuchender Mensch die Verbundenheit der Menschen untereinander, der Menschen mit der Natur und so weiter, indem er die Aufmerksamkeit auf sich selbst lenkt – da hat Liebe kaum mehr eine Chance.

Und damit gelangen wir zu Videokonferenzen. Diese sind sehr anfällig auf Parasitismus, denn wir müssen uns vor allem auf materielle Eigenschaften des Gegenübers einstellen. Wir nehmen etwa wahr, wie er spricht oder wie er aussieht. Gleichzeitig sind aber Stimmung, Ausstrahlung oder Chakra Verbindungen wesentlich schwieriger festzustellen. Hierzu sind die Bilder zu klein, zu unscharf, wir bemerken die subtilen Körperhaltungen kaum, die Hintergründe lenken ab, die Kameras werden an und abgestellt, wir können die anderen nicht riechen oder anfassen, Smalltalk geht verloren und vieles, vieles mehr. Wir müssen uns zwar voll konzentrieren, aber wir nehmen hauptsächlich materielle Merkmale wahr und nicht die spirituellen Verbindungen. Wir nehmen also vor allem die Bojen wahr und nicht die Wellen. Damit wird die Verbundenheitsenergie abgesogen.

Aber wer profitiert? Im Fall von Videokonferenzen ist dies einerseits alles Materielle auf der Welt, das heisst die grundsätzliche Philosophie, dass es separate Dinge gibt und dass das Reale nicht Verbundenheit ist. Wir fördern also während dem Call mit unserer Energie die materielle Sichtweise. Dann profitieren alle Einheiten, welche sich als separate Identitäten sehen, alle Menschen also, die Wert auf ein separates Selbst legen. Sehen wir uns als Welle, dann unterstützen wir während der Videokonferenz also alle Bojen. Auf diese Art fördern wir sozusagen die Verschmutzung des Meeres mit Bojen – wohl so lange, bis man gar nicht mehr merkt, dass es eigentlich ein Meer hätte. Wir unterstützen mit unserer Energie das Materielle, bis wir gar nicht mehr feststellen, dass es im Prinzip um Verbindungen ginge.

Dieses Phänomen gibt es natürlich nicht nur bei Videokonferenzen, sondern auch bei normalen Telefongesprächen, bei SMS, bei WhatsApp Meldungen, bei E-Mail-Kommunikation, und sogar beim normalen Sprechen. Die Umstände der Kommunikation führen zu unterschiedlicher Ablenkung durch materielle Parasiten. Ein normales Gespräch, welches zum Beispiel in einem pompösen Sitzungszimmer stattfindet, kann genauso zu einem Energieverlust führen, wie eine Videokonferenz. Aber solche Sitzungszimmer haben wir doch viel weniger häufig als Videokonferenzen und immerhin steht man dort realen Menschen gegenüber, dessen Stimmung man gut wahrnehmen kann. Deshalb sind wohl Videokonferenzen eines der häufigsten gegenwärtigen Situationen, wo Verbindungen parasitiert werden.

Also: Videokonferenzen sind höchst problematisch und benötigen Unmengen von Energie. Wir werden hier richtiggehend parasitiert und ausgelaugt und fördern dabei eine materielle Sichtweise der Dinge. Die Frage lautet nun: Was machen? Wenn wir die Details verändern, so nützt dies wenig: Es gibt nur wenig Verbesserung, wenn wir etwa den Abstand zum Bildschirm verändern, mit dem Hintergrund spielen und dergleichen. Viel wichtiger scheint mir, dass wir uns bewusstwerden, dass dieser Mechanismus besteht und unsere Aufmerksamkeit auf die Verbindung richten, welche ausserhalb des Computers stattfindet. Hierzu lohnt es sich vor der Besprechung die anderen Menschen vorzustellen und gewissermassen in der spirituellen Welt eine Verbindung mit ihnen herzustellen. Wir versuchen also die anderen Menschen zu spüren, bevor wir sie am Computer vor uns haben. Dann bemühen wir uns während der Sitzung uns immer wieder daran zu erinnern, dass es um die Verbindung zu diesen Menschen geht und nicht um deren materiellen Eigenschaften (wie sie aussehen, wie sie sprechen usw.). In anderen Worten müssen wir uns auf die Verbindungen konzentrieren, welche sich ausserhalb des Videosystems abspielen. Zwischen allen Bojen konzentrieren wir uns also nicht auf diese, sondern auf so viel Meer wie wir noch irgendwo sehen. Auf diese Art kann die Verbindung doch noch etwas leben, wir werden als Folge weniger parasitiert und verlieren weniger Energie.






(Quelle, IT-Pro)


In eigener Sache: Der Kurs «Der Schamane zwischen den Welten» wurde auf den 20. November, 2021 verschoben: oberwilerkurse

 

 

Montag, 15. Februar 2021

Mormont

Es war ein sehr kalter Tag im Februar, mit Temperaturen, welche wegen der starken Bise noch kälter wirkten als das Thermometer anzeigte. Wir wanderten von La Sarraz aus entlang von Rebbergen, oberhalb von uns ein Südhang mit einigen Hartlaubeichen, welche mehr an das Mittelmeer erinnerten als an den Canton de Vaud, wären nicht die Eiszapfen an den Felsen gewesen. Einige Blumen erinnerten an die warmen Tage der vorhergehenden Woche. Nach einer handgemalten Tafel, «Attention aux Orchidées», kamen wir zu einer Schutzhütte. Hier müsse man warten, stand auf einer Tafel, sollte eine Sprengsirene losgehen. Dem Personal sei dabei unbedingt Folge zu leisten. Die Hütte bot etwas Schutz vor dem Wind, wir nutzten die Gelegenheit, um etwas warmen Tee zu trinken, um dann, nur einige Meter später, plötzlich am Abgrund einer riesigen Grube zu stehen. Alle paar Meter ein Verbotsschild. Wir gingen entlang der Grube, suchten nach Überresten der rund 250 Schächten, wo vor mehr als 2000 Jahren die keltischen Helvetier Tiere, Menschen und allerlei Gegenstände begruben. Wir sahen nichts. Diese Schächte waren ja auch nach dem sensationellen Fund vor 15 Jahren zerstört worden. Ein Fund, welcher die Einzigartigkeit dieser Stelle hervorgehoben hatte. Unter den Keltenfundorten in Europa gibt es offenbar nur noch zwei oder drei weitere Orte, welche derart wichtig sind, und in der Schweiz war bisher noch keine ähnliche Stelle gefunden worden. Aber eben, von dem sah man nichts mehr. Dafür sahen wir das Lager der ZADisten, Menschen, welche mit einer «Zone à Défendre (ZAD)» ein erstaunlich grosses Dorf aus Zelten und Baumhütten errichtet hatten. Ihr Anliegen ist es, den Rest des Berges vor dem weiteren Abbau durch die Firma Holcim zu retten. Ihnen geht es einerseits um die biologisch sehr wertvollen Gebiete mit vielen Orchideen und natürlich auch darum, dass die Zementproduktion sehr viel Kohlendioxid produziert und deshalb nicht ausgeweitet werden sollte. Trotz der eisigen Kälte herrschte im ZAD-Lager durchaus emsiges Treiben. Nach der schmalen Stelle zwischen Lager und Grube gingen wir weiter zum Sommet du Mormont, genau auf der Wasserscheide zwischen Rhein und Rhone gelegen, ein magischer, wilder Ort. Danach kam der Ancien Canal d’Entreroches, dem Überbleibsel eines Kanals, mit dem man im 17. Jahrhundert die zwei Flüsse Rhein und die Rhone zu verbinden versuchte, so dass Schiffe von der Nordsee bis zum Mittelmeer hätten verkehren können. Kurz danach folgten hässliche Industriebauten, Öllager und die Zementfabrik, bevor wir dann in Ecléplens wieder auf den Zug gingen. Am Bahnhof beobachten wir, wie Arbeiter das Tunnelportal (ja, auch ein Eisenbahntunnel geht unten durch…) vor Steinschlag zu schützen versuchten.

Was hier wie ein Wanderbericht klingt, zeigt auf bedeutende spirituelle Erkenntnisse. Ist man ehrlich mit sich selbst, so kann man hier erkennen, wo man steht und wie es weitergeht. Zuerst zu den Akteuren:

Die Holcim: Für die Zementproduktion baut diese Firma in einer grossen Grube Kalk aus dem Mormont ab. Wegen dem grossen Bedarf an Baumaterial, erweitert sie stetig das Abbaugebiet auf dem Hügel.

Die Helvetier: Die Helvetier hatten vor zwei Tausend Jahren auf dem Mormont ihre wohl wichtigste Kultstätte im Gebiet der Schweiz errichtet. Erkannt hat man dies während dem Kalkabbau an den vielen Schächten, welche mit Skeletten, Kultgegenständen und dergleichen gefüllt waren.

Die Archäologen: In einer Notgrabung haben die Archäologen die Gegenstände und Skelette aus dem Schächten entfernt, beschrieben und konserviert. Die Schächte wurden dann durch den weiteren Abbau zerstört.

Die Naturschützer: Der Mormont hat eine ausgesprochen vielfältige, an das Mittelmeer mutende Vegetation. Pronatura und andere versuchen den Rest des Hügels vor dem weiteren Abbau zu schützen.

Die ZADisten: Die ZADisten haben auf dem Hügel ihre erste Zone dieser Art in der Schweiz errichtet. Mit ihren Körpern wollen sie die Erweiterung der Grube verhindern, dies wegen der vielfältigen Natur und dem CO2 Ausstoss der Zementindustrie.

Der Mormont: Dieser Hügel ist der Schauplatz auf der Wasserscheide, aus Kalk bestehend, vielfältig bewachsen, von dem etwas unklar ist, ob er dies alles einfach hinnimmt oder ob er schreit.

Die Energie des Ortes: Diese beeinflusst zwar unbewusst alles Treiben auf dem Mormont, wird aber von den wenigsten der Beteiligten thematisiert, geschweige denn bewusst wahrgenommen

Der Schamane: Wandert durch das Gelände und beobachtet alles. Er fragt sich: Was geht hier vor?

Wieso kommt hier alles zusammen? Was kann man hier lernen? Hier meine Interpretation:

Alle Beteiligten erkennen auf ihre Art die besondere Qualität des Hügels. Im Kern wollen sie alle dank des Hügels ein erfülltes, befriedigendes Leben führen. Der Zugang und die Motivation sind aber ganz andere:

Die Holcim: Die Holcim erkennt die Qualität des Kalkes. Sie will gewissermassen weiterkommen, indem sie den Berg «aufrisst». Viele Menschen haben auch einen solchen Zugang zum Leben:  Sie sind von materiellen Themen (Häuser, Autos, Geld usw.) behaftet, was sich auch auf spirituelle Themen auswirkt. Wenn sie sich damit befassen, versuchen sie beispielsweise Rituale und Philosophien von anderen zu übernehmen. Wenn sie solche Dinge kopieren, diese also gewissermassen aufessen, dann haben sie den Eindruck, dass sie selbst auch weiterkommen. Hier passt der Ausdruck «Jemand hat die Weisheit mit dem Suppenlöffel gegessen.»

Die Helvetier: Was die Helvetier wollten, weiss niemand. Alles ist nur Spekulation. Aber hier meine: Die Helvetier haben erkannt, dass es sich auf dem Mormont um eine besondere Energie handelt. Nach meinem Eindruck haben sie die vielen Spannungsfelder im Leben erkannt und wollten beim Sterben diese aufheben. Mit den Schächten und den Opfergaben wollten sie diesen Prozess aber stark forcieren. Sie haben dabei übertrieben. Sie wollten etwas herbeizwingen, was sich vermutlich nicht erzwingen lässt. In anderen Worten hatten sie zwar etwas gespürt, waren dann aber zu ungeduldig. Dies ist heute bei vielen Menschen nicht anders, die mit allerlei Zwang (z.B. mit den strikten Regeln eines buddhistischen Klosters) die Erleuchtung schneller erreichen wollen.

Die Archäologen: Die Archäologen haben die Bedeutung des Ortes erkannt und ihn studiert. Aber weiter ist nichts geschehen. Sie sind wie die Menschen, welche über spirituelle Richtungen lesen, sich bestens auskennen, aber nichts in ihrem Leben umsetzen.

Die Naturschützer und ZADisten: Eine bunte Mischung aus verschiedenen Menschen will mit Idealismus den Berg schützen. Sie sehen, der Berg ist krank und bedroht, und sie wollen ihn pflegen. Dies entspricht den Menschen, welche mit spirituellen Methoden anderen helfen wollen, meist ohne diese vorher gefragt zu haben.

Der Mormont: Was der Hügel will, was sein Weg ist, hat niemand nachgefragt. Alle nehmen einfach an, dass sie es am besten wissen. Der Hügel selbst ist wehrlos – sogar das bisschen Steinschlag wird unterbunden. Dies entspricht etwa einem wehrlosen Menschen, etwa einem Kind oder einem Kranken, über den andere bestimmen, die es vermeintlich am besten wissen.  

Die Energie des Ortes: Nach meinem Eindruck – und solches ist immer eine persönliche Wahrnehmung, welche andere Menschen anders sehen können – besteht hier eine starke Verbindung zwischen Himmel und Erde. Ganz viele unterschiedliche Energien oder Stimmungen kommen von allen Seiten zusammen, um sich an einer Stelle gewissermassen aufzulösen damit man vom horizontalen Spannungsfeld in eine vertikale Verbundenheit geraten kann – gewissermassen in eine weitere Dimension. Als mathematischer Vergleich würde man die Spannung aller Zahlen auflösen, durch die Null schlüpfen und so in eine andere Dimension gelangen.

Der Schamane: Der Schamane beobachtet und sucht seinen Weg. Er fragt sich: Wo fresse ich Materielles oder Spirituelles wie die Holcim? Wo pflege ich wie die ZADisten? Wo lese ich mir Wissen an, so wie die Archäologen? Wo übertreibe ich wie die Helvetier? So ehrlich wie möglich, muss er diese Themen in sich selbst suchen und loslassen. Jeder beschriebene Zugang führt nicht zum Ziel. Jeder ist auf seine Art eine Falle. Es geht darum, jede dieser Tendenzen loszulassen. Dies heisst nicht, dass man nicht den Berg schützen kann, kein Kalk verwenden kann, aber jeder Umgang soll auf dem eigenen Weg sein. So findet man den Ort, wo sich die horizontalen, das heisst die Spannungsfelder des Alltages auflösen und man in die Verbundenheit zwischen Himmel und Erde gerät. Vermutlich wird dies aber erst beim natürlichen Tod möglich sein – aber während dem Leben geht es darum, dies ständig zu versuchen.

Nebenbei bemerkt, dieses Konzept der Auflösung von «horizontalen» Spannungsfelder, um dann die Verbundenheit zwischen Himmel und Erde in der «Vertikalen» zu spüren, besteht an vielen vorgeschichtlichen Standorten. Dies zum Beispiel in den grossen Dolmen von Spanien oder Irland, wo man zuerst durch einen engen Gang kriecht, bevor man in einer viel grösseren Kammer aufstehen kann.

Zum Schluss noch dies:

Ab 1. März sind Kurse voraussichtlich wieder möglich. Die beiden Kurse vom März sind:

Die Schamanische Reise ins eigene Leben, 6. März: Obihaus – Kurse

Schamane zwischen Welten, 20. März: oberwilerkurse

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Grube der Holcim auf dem Mormont, im Vordergrund der ehemalige Standort der Schächte der Helvetier, im Hintergrund das vorderste Baumhaus der ZADisten.