Dinge, die uns auffallen, sind stets solche, die
Erkenntnisse mit sich bringen. Unsere Beobachtungen im ganz gewöhnlichen Alltag
sind also unsere eigentlichen Lehrer, oft viel besser als Kurse und Bücher. Diese
Beobachtungen sind jeweils persönliche Geschichten und Erlebnisse, weshalb die
konkreten Ereignisse von Mensch zu Mensch unterschiedlich interpretiert werden
müssen. Das grundsätzliche Konzept ist aber für alle gleich. Weil diese
Beobachtungen so wichtig sind, lohnt es sich immer genau hinzuschauen. Als
Motivation, hier ein persönliches Beispiel, welches zeigen soll, wie
vorgegangen werden kann.
Ich bin sehr sensibilisiert auf Geräusche, unter anderem weil
ich mich beruflich mit Lärm befasse – oder vielleicht ist es auch umgekehrt… Jedenfalls
höre ich von meiner Wohnung aus: 1) Von einem Einfamilienhausquartier neben
meinem Block: Rasenmäher, Laubgebläse, Hämmern, Sägen, Musiküben, Hundegebell
und ähnliches. 2) Von mehreren Kirchen, eine davon relativ nah: Regelmässiges
Läuten und Schlagen. 3) Von einem Militärübungsgelände: Knallen und Schiessen,
dies auch am Abend, wenn der Schützenstand von Vereinen verwendet wird. 5) Vom
gleichen Übungsgeländer bei Abwesenheit des Militärs: Veranstaltungen aller Art.
4) Von der Luft: Kleine Privatflugzeuge. 5) Von einer nahegelegenen
Bahn-Hauptstrecke: Tag und Nacht sowohl Personen- wie Güterzüge. 6) Von der
Quartierstrasse: Busse, Autos und Motorräder. Ich habe diese Liste nach meiner
subjektiven Störwirkung geordnet, wobei ich die Lautstärke, die Tonhaltigkeit
und die Frequenzen berücksichtigt habe. Dabei stört das Einfamilienhausquartier
am meisten, die Quartierstrasse am wenigsten.
Was mir nun an dieser Liste auffällt - dort also wo ich nach
Erkenntnissen suche - ist dass nur der Strassen-, Schiess- und der Bahnlärm wirklich
gesetzlich geregelt sind. Davon wird für die Quartierstrasse
(berechtigterweise) nichts gemacht – diese ist auch an der letzten Stelle auf meiner
Liste. Der Schiesslärm ist zwar geregelt, wegen der Art und Weise wie er
entsteht, nützt dies für meinen konkreten Wohnort jedoch nichts. Es bleibt der
Bahnlärm: Dort werden von behördlicher Seite (obwohl schon sehr viel gemacht
wurde) stets weitere Massnahmen gefordert. Die Hauptlärmquellen: Das
Einfamilienhausquartier, die Kirchen, die Veranstaltungen und die
Privatflugzeuge werden hingegen alle toleriert… Die Beobachtung, welche mir
auffällt, ist, kurz formuliert: Nicht das was stört, wird reglementiert, sondern
das, was nicht stört, beziehungsweise genau dort, wo bereits viel gemacht
wurde.
Diese Inkonsequenz oder Doppelmoral macht mich betroffen. Hier
sind also Erkenntnisse verborgen. Hier hat es eine Lektion. Nochmals: Jemand
anders würde diese Situation unter Umständen anders bewerten, aber dies spielt
keine Rolle, denn es ist ja eine Lektion für mich. Andere haben ihre eigenen
Lektionen. Aber was ist nun die Lektion für mich?
Ich beobachte weiter: Wenn ich nicht nur den Lärm anschaue,
sondern zusätzlich berücksichtige wie viele Personen ihn verursachen und wie
viele davon betroffen sind, also gewissermassen einen Lärmfussabdruck
abschätze, dann ist die Reihenfolge der Störwirkung pro Verursacher an meinem
Wohnort die folgende: 1) Privatflugzeuge 2) Kirchen 3) Einfamilienhäuser 4) Militär
und Schiessen 5) Veranstaltungen 6) Strasse 7) Bahn. So gesehen ist die
Inkonsequenz oder die Doppelmoral sogar noch deutlicher: Wenn einzelne wenige Personen
viele andere stark stören, macht dies nichts. Wenn hingegen viele Personen
einige wenig stören, dann ist dies ein Problem und muss reglementiert werden.
Die Einzelnen haben also mehr Rechte als die Vielen.
Nehmen wir noch eine zweite Beobachtung hinzu: Seelische
Energie fliesst zu dem, worauf die Aufmerksamkeit gerichtet ist. Dies heisst
also, es hat einzelne wenige Menschen, die ein besonderes Bedürfnis nach der
seelischen Energie der anderen haben, dies aber nicht unterbunden wird.
Hingegen wird das Analoge bei der Masse zurückgedämmt, welche kaum Energie von
anderen anzapfen darf. Die einzelnen Personen mit einem grossen
Lärmfussabdruck sind oft solche, welche gleichzeitig viel Macht besitzen. Es
sind als Tendenz oft die Mächtigen die eher in Einfamilienhäusern wohnen, in
Privatflugzeugen fliegen oder mit traditionell mächtigen Institutionen wie der
Kirche verbandelt sind. Es geht also nicht um Lärmschutz, sondern darum, dass
einzelne Wenige immer noch lärmig sein können und auf diese Art immer noch
seelische Energie anderer anziehen, während dies aber bei der Masse unterbunden
wird. Mit ihrer Macht können sie ihre Energiequelle aufrechterhalten.
Diese Beobachtung mag nun gut und recht sein. Ich habe zwar
erkannt, dass es bei Situationen mit Widersprüchen oder Doppelmoral nicht um die
eigentliche Begründung geht, sondern um etwas anderes. Es geht nicht um
Lärmschutz, sondern um seelische Energieflüsse an Bedürftige, welche diese
Energiequelle mit Macht aufrechterhalten. Es hat aber sicher mehr in dieser
Situation, Zeit also für eine ergänzende Perspektive, Zeit für eine schamanische
Reise: Auf dieser Reise sitze ich auf
einem Hügel und beobachte die Situation, welche ich soeben beschrieben habe.
Meine Helferin zeigt mir die Parallelen dieses Lärm- oder Energieflusses zu
einer Landschaft, wo es auch Höhen und Tiefen, Berge und Täler gibt. In diesem
Sinne ist eine Landschaft auch nicht neutral, weil Dinge etwa an gewissen Stellen von oben nach
unten fliessen können und an anderen nicht. Dennoch bewerten wir sie als neutral: Für die meisten
Menschen sind Berge nicht schlechter als die dazwischen liegenden Täler oder umgekehrt. Meine Helferin
fordert mich nun auf, die Lärm- und Energielandschaft genau gleich neutral
anzusehen. Sie ist einfach da. Es gibt sie. Ich solle sie nicht bewerten,
sondern einfach wahrnehmen. Es ist einfach so, dass gewisse Menschen viel mehr
Energie anziehen als andere. Dies läge an ihren Wunden. Sie sagt mir: „Wenn du
die Situation bewertest, dann verstärkst du den Energiefluss nur. Du förderst
dann genau das, was dich stört. Du gibst diesen Menschen genau das, weshalb sie
Lärm machen. Es ist als würden sie ein Lösegeld verlangen, und du bezahlst es,
und sie lassen dich trotzdem nicht frei. Beobachte einfach und bewerte nicht.“ Ich
frage nun, wie ich dies tun kann. Sie antwortet: „Gelange in eine innere Ruhe.
Deine Lektion oder deine Herausforderungen ist es, auch in einer solchen
wirbelnden und aufgewühlten Umgebung ruhig zu bleiben. Du musst einfach
wahrnehmen. Mehr nicht. Übe dies. Immer wieder und wieder.“
Meine Umgebung ist in diesem Sinne gerade die beste, die ich haben könnte. Die Lektion oder Übungsgelegenheit ist es,
mitten in einem Energiewirbel ruhig und bei mir zu bleiben.
So gesehen eigentlich wunderbar: Ich kann genau bei mir
zuhause, genau dort, wo ich gerade bin, eine bedeutende Lektion erfahren! Und
wie merke ich, ob ich die Lektion verstanden habe? Dies ist dann der Fall, wenn
die Situation mich nicht mehr betroffen macht.
Lärm einfach wahrnehmen und nicht bewerten...
(Quelle: moyuk.com)