Mathematik sei für Techniker
nützlich, etwa um die Statik von Brücken zu berechnen, Fahrpläne zu
konstruieren oder um die Lieferung von Nahrungsmitteln an einen Supermarkt zu
optimieren. Mathematik sei sachlich, von dieser alltäglichen Welt und deshalb nicht
geeignet, um spirituelle Themen oder um Schamanismus zu beschreiben.
Schamanismus sei etwas Anderes, beinhalte eine besondere Verbindung zum Leben,
zur Natur, sei von einer anderen Ebene, wo Bewusstsein, Bewusstseinsänderungen,
Gefühle und Liebe vorherrschen, welche sich allesamt nicht mit Mathematik
erfassen lassen. So argumentieren viele, welche keine Verbindung zwischen den
beiden sehen wollen.
Ich sehe dies anders: Nicht
nur sind Mathematik und Schamanismus miteinander verbunden, es könnte sogar so sein,
dass Schamanismus ein Aspekt der Mathematik ist, ein Teilgebiet sozusagen. Dies
wird von neueren Ideen (so z.B. von Max Tegmark) unterstützt, wonach die ganze
Struktur des Universums Mathematik ist. Danach ist alles Mathematik (die
Physik, die Chemie, die Biologie, der Mensch, unsere Sprache, unsere Gefühle
usw.) und folglich wäre auch Schamanismus Mathematik. Es gibt also ein
mathematischer Schamanismus oder besser eine schamanische Mathematik.
Ist dies so? Falls ja, würde
dies heissen, dass man die Konzepte des Schamanismus auch in der Mathematik
findet. Hier möchte ich zeigen, dass dem nicht nur so ist, sondern, dass man zu
weitergehenden Erkenntnissen gelangt, wenn man dies anerkennt. Hier also eine
Auswahl von Grundsätzen des Schamanismus, die auch in der Mathematik zu finden
sind und die ergänzenden Erkenntnisse die wir mit diesem Ansatz erfahren:
Schamanen gehen einen eigenen Weg zur Liebe:
Mathematische Sichtweise:
Das Ganze könnte man natürlich auch umgekehrt angehen und schauen, welche mathematischen Konzepte im Schamanismus Anwendung finden. Hier zwei Beispiele:
Mathematische Sichtweise:
Der eigene Weg ist ein Fluss,
angezogen von der Liebe. Dies entspricht dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik,
wonach Prozesse mit der Zeit zu mehr Entropie beziehungsweise Zufälligkeit gelangen
– so wird beispielsweise die freie potentielle Energie eines Flusses nach und
nach in Wärme umgewandelt. Wir sind also desto mehr Liebe, desto grösser unsere
Entropie ist. Dabei ist in thermodynamischen Prozessen zu Beginn nicht klar, welcher
Zustand am Ende genau bestehen wird. Dies deshalb, weil es immer viele Zustände
gibt, welche der Forderung nach einer Erhöhung der Entropie genügen.
Weitergehende Erkenntnisse für den Schamanen:
Oft stellen wir uns unter
einem eigenen Weg etwas Einmaliges vor, einen einzigen konkreten Weg und nicht
viele unterschiedliche. Beschreibt man aber eigene Wege im Sinne des zweiten
Hauptsatzes, dann bestehen zahlreiche gleichwertige Zustände, die einer
Erhöhung der Liebe entsprechen. Der Weg ist in diesem Sinne also nicht
vorgegeben – nur die Richtung. Beschreiben wir Wege zur Liebe mit dem zweiten
Hauptsatz, so heisst dies zudem, dass sich unser Unwissen über unseren Standort
erhöht, desto mehr Liebe wir sind. Dies – so beobachte ich – ist in der Tat so:
Wir beziehen etwa viel weniger Position zu den Themen des Alltages und werden damit
mehr und mehr zum Beobachter.
Aber halt: Hier müssen wir etwas mehr in die Tiefe: Ist eine Zunahme
der Liebe wirklich eine Zunahme der Entropie? In meinem Buch „Das schamanische Buch der Liebe“
habe ich Liebe als die Energie der Verbundenheit definiert. Auch habe ich
gesagt, dass sich die Liebe in mehr Dimensionen ausbreitet, als etwa die Seele
oder der Körper. Stimmen diese beiden Aspekte mit der Entropiebetrachtung
überein? Zur Energie der Verbundenheit: Entropie ist ein Mass dafür, wie
unbekannt der Standort einzelner Teilchen in einem System ist, also je weniger
„rigid“ das System ist. In einem System mit hoher Entropie bewegen sich die
Teilchen freier, weshalb einfacher Verbindungen möglich sind. Soweit erfüllt. Zur
Bewegung in mehr Dimensionen: Ein Zustand mit hoher Entropie (z.B. ein Gas) kann
sich durchaus in mehr Richtungen ausdehnen, als einer mit tiefer Entropie (z.B.
ein Festkörper). Auch dies ist erfüllt. Und vielleicht noch folgendes dazu:
Eine Zunahme der Entropie oder der Liebe schliesst nicht die Entstehung von
komplexen Gebilden (etwa ein Mensch) aus, just deshalb, weil solche Gebilde
sehr effizient sind beim Erhöhen der Entropie. In diesem Sinne kann die
Mathematik voraussagen, dass es komplexe Gebilde wie Menschen, Tiere, Pflanzen,
Planeten geben wird, welche die Liebe fördern, weil sie dies viel besser
können, als weniger komplexe. Aber nun zurück zu weiteren schamanischen
Grundsätzen…
Der Schamane entscheidet mit dem Herzen:
Mathematische Sichtweise:
Der Herzentscheid ist nichts
anderes als eine Entscheidungsfunktion, so wie sie in der Statistik verwendet
wird. Hierzu benötigen wir in der Regel ein Modell, ein Entscheidungsraum und
eine Verlustfunktion. Das Modell beschreibt unser Alltag, in dem wir uns
befinden. Der Entscheidungsraum sind die Optionen, die uns zur Verfügung
stehen. Entscheiden wir im Sinne der Liebe, entscheiden wir also so, dass wir
insgesamt die Entropie erhöhen. Die Verlustfunktion berücksichtigt schliesslich
den Schaden, welcher entsteht, wenn wir eine Fehlentscheidung fällen.
Weitergehende Erkenntnis für den Schamanen:
Oft berücksichtigen Schamanen
zu wenig, dass sie Fehler beim Herzentscheid machen können. Die Statistik ist hier
ein Schritt weiter und anerkennt diese Möglichkeit mit der Verlustfunktion. Der
Schamane ist deshalb aufgerufen, dies ebenfalls zu tun, und bei Entscheidungen
die Konsequenzen eines Fehlers zu berücksichtigen. Der Fehler kann übrigens
nicht nur beim Entscheid selbst entstehen, sondern auch im Entscheidungsraum
(es werden nicht alle Möglichkeiten berücksichtigt) oder im Modell (wir nehmen
unseren Alltag zu wenig gut war).
Schamanen können ihre Wahrnehmung ändern, um Dinge aus einer anderen
Perspektive zu betrachten:
Mathematische Sichtweise:
Unser Alltag ist eine
Projektion aus einem mehrdimensionalen Raum. Wenn wir eine schamanische Reise
unternehmen, dann ändern wir die Projektionsrichtung und sehen so die Dinge aus
einer anderen Perspektive. Eine andere mögliche Analogie zur schamanischen
Reise wären etwa komplexe Zahlen, bei denen der Zahlenstrahl gewissermassen mit
einer weitergehenden Richtung ergänzt wird, womit sich Gleichungen lösen
lassen, welche mit dem herkömmlichen Zahlenstrahl nicht möglich sind.
Weitergehende Erkenntnis für den Schamanen:
Jede schamanische Reise ist
nichts Weiteres als eine mögliche zusätzliche Perspektive von vielen. Einige dieser
Sichtweisen können zwar im normalen Alltag gewonnen werden, sie sind aber trotzdem
nicht die absolute Wahrheit. Unter Umständen können weitere schamanische Reisen
ganz andere Blickwinkel aufdecken. Am Ende ist es die Aufgabe des Schamamen,
diese unterschiedlichen Perspektiven zu vereinen.
Die Gefühle zeigen dem Schamanen, wo er sich befindet und ob er in
Bewegung ist:
Mathematische Sichtweise:
Bewegung und Standort können als
Funktionen beschrieben werden. Bewegung zum Beispiel mit einer Zeitfunktion
F(t) und der Standort mit F(x) in einem Koordinatensystem. Gefühle sind also
Funktionen.
Weitergehende Erkenntnisse für den Schamanen:
Die riesige Vielfalt von
Funktionen ermöglicht eine präzise Beschreibung und ein umfassendes Verständnis
von Gefühlen, welche mit Worten nie möglich ist. Mit Funktionen ist es auch
einfacher, eine Prognose zu erstellen, wie sich ein Gefühl entwickeln wird.
Beispiel: Wir haben oft den Eindruck, dass sich Dinge linear verändern, das
heisst, dass ein Gefühl wie Trauer nach einem Verlust pro Zeiteinheit gleich
viel abnimmt. Vermutlich ist die Veränderung eines Gefühls aber eine
exponentielle Funktion, etwa von der Form 1/x2, das heisst, das
Gefühl nimmt zu Beginn schnell ab, dann immer langsamer, und wird nie Null.
Heilung wird erlangt, indem wir die Gefühle zulassen:
Mathematische Sichtweise:
Eine Wunde entsteht, indem in
unserer Funktion ein fremder Faktor hinzugefügt wird. Wir können ihn heilen,
indem wir ihn im Nachhinein wieder entfernen, oder indem wir das Gefühl
zulassen, welches damals hätte entstehen sollen. Beispiel: Unsere normale Lebensfunktion sei F(t) = pt, wobei p ein
persönlicher Faktor ist und t die Zeit. Die Wunde wt (die Wunde ist
dabei auch eine Funktion) verändert p, zum Beispiel mit F(t) = (p-wt)t.
Wir hätten damals sofort mit einer Korrekturfunktion reagieren sollen: F(t)=wtt,
wir müssen also gewissermassen mit dem Gegenteil reagieren. Machen wir dies
nicht, dann bleibt das w in der Funktion erhalten, auch zum Zeitpunkt t+1:
F(t+1)=(p-wt+1)(t+1). Die Heilung bedingt dann, dass wir etwa die
Funktion F(t+1)=wt+1(t+1) hinzuzählen. Wir müssen also das Gefühl
von damals zulassen, so wie es sich heute ausgestaltet. Wenn die Funktion w(t)
sich beispielsweise asymptotisch gegen Null bewegt, also die Form 1/x aufweist, dann ist das Problem heute vielleicht
kaum mehr eines, wenn sie hingegen wächst, z.B. mit der Form x2 ,
dann kann es sogar sein, dass die Heilung heute intensivere Gefühle erfordert
als zum Zeitpunkt der Entstehung.
Weitergehende Erkenntnis für den Schamanen:
Die Heilung bedingt also nicht,
dass wir das Gefühl von damals zulassen, sondern das Gefühl, so wie es sich
heute manifestiert (wt+1). Zweite Erkenntnis: Die Korrektur ist
unabhängig von p, dem persönlichen Faktor. Man muss also mit der Störung
umgehen, nicht mit dem Weg. (Dies gilt nur für diesen einfachen Fall – je nach
Funktion kann es durchaus auch eine Rückkoppelung mit dem Weg geben.)
Symptombekämpfung ist problematisch:
Mathematische Sichtweise:
Wenn wir statt mit Heilung,
Symptombekämpfung praktizieren, dann verändern wir die Funktion, indem wir zum
Beispiel ein Element zur Funktion addieren: F(t+1)=(p-wt+1)(t+1) +
S, wobei S den momentanen Betrag von wt+1(t+1) annimmt. Dabei wird
die ursprüngliche Funktion nicht verändert. Entsprechend muss das S immer neu
angepasst werden. Es entsteht keine dauerhafte Heilung, auch wenn im Moment das
Resultat gleich aussieht. Das S ist also ein Zusatz von aussen, welcher stetig
angepasst werden muss, demnach Energie oder Aufwand erfordert.
Weitergehende Erkenntnis für den Schamanen:
Symptombekämpfungsmassnahmen
müssen ständig angepasst werden und benötigen Energie von aussen. Sinnvoller
und energiesparender wäre es, zu heilen statt die Symptome zu bekämpfen.
Das Ganze könnte man natürlich auch umgekehrt angehen und schauen, welche mathematischen Konzepte im Schamanismus Anwendung finden. Hier zwei Beispiele:
Chaos Theorie:
Mathematische Beschreibung: Die Chaostheorie beschreibt
nichtlineare dynamische Systeme. Typisch für solche Systeme ist, dass sie nur über
einen bestimmten Zeitraum näherungsweise vorhersagbar sind und selbst geringste
Abweichungen der Anfangsbedingungen verändern das gesamte Verhalten nach einer
bestimmten Zeit.
Anwendung im Schamanismus: Schon oben habe ich beschrieben, dass
zum Beispiel Gefühle nichtlinear und dynamisch sind (keine gleichmässige
Veränderung). Weil sie nicht mit einer einfachen Funktion beschreibbar sind,
können sie nur über einen kleinen Zeitraum vorgesagt werden und hängen stark
von den Anfangsbedingungen ab. Es macht zum Beispiel einen grossen Unterschied,
ob die Abnahme der Trauer nach 1/x2 verläuft, oder ob noch eine alte
Wunde vorhanden ist und die Abnahme beispielsweise so aussieht: 1/(x2
- w2).
Fraktale:
Mathematische Beschreibung: Fraktale sind geometrische Objekte,
welche eine Skaleninvarianz aufweisen, d.h. dass bei jeder Vergrösserungsstufe
die gleichen Einzelheiten erkennbar sind. Damit können unregelmässige Objekte
in der Natur modelliert und beschrieben werden. Fraktale entstehen
beispielsweise durch Iteration von Eigengleichheit. Wenn man Fraktale plottet,
dann ist das entstehende Bild oft chaotisch, bis dann erst nach vielen
Iterationen ein klareres Bild entsteht.
Anwendung im Schamanismus: Wir leben unser Leben meist auch iterativ, will heissen, weil wir nach unseren Glaubenssätzen handeln, erleben wir stetig Dinge, welche just diese bestätigen. Wollen wir ausbrechen, dann müssen wir die Gleichung ändern. Fraktale Gleichungen beschreiben also Liebesbarrieren, die wir auflösen müssen. Und wieso ist es so schwierig, Glaubenssätze aufzulösen? Sie sind so schön!
Anwendung im Schamanismus: Wir leben unser Leben meist auch iterativ, will heissen, weil wir nach unseren Glaubenssätzen handeln, erleben wir stetig Dinge, welche just diese bestätigen. Wollen wir ausbrechen, dann müssen wir die Gleichung ändern. Fraktale Gleichungen beschreiben also Liebesbarrieren, die wir auflösen müssen. Und wieso ist es so schwierig, Glaubenssätze aufzulösen? Sie sind so schön!
Beispiel eines Fraktals als
Symbol für Liebesbarrieren: Wegen ihrer Schönheit sind sie schwierig
aufzulösen.
upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/37/Mandel_zoom_14_satellite_julia_island.jpg
upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/37/Mandel_zoom_14_satellite_julia_island.jpg
Schamanische Mathematik und
mathematische Schamanismus? Ja, das gibt es! Und nicht nur das: Aus meiner
Sicht sind mit diesem Ansatz sogar sehr tiefgreifende Erkenntnisse möglich und
dies vermutlich nicht nur im Schamanismus sondern auch in der Mathematik, denn
vielleicht lassen sich auch ungelöste mathematische Fragestellungen mit
herkömmlichen schamanischen Ansätzen erschliessen. Es ist an der Zeit, diese
Gebiete nicht mehr separat und als Gegensätze anzuschauen, sondern zu
anerkennen, dass sie im Kern das Gleiche sind und die Sichtweisen sich deshalb
ergänzen können.
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