Ohne Ziele würden wir nicht wissen wohin der Weg geht, ohne Ziele können
wir nichts erreichen – dies wird uns im Berufsleben immer wieder gesagt. In der
Esoterik wird von Wünschen gesprochen, die mit Affirmationen oder allerlei
anderen Techniken erfüllt werden können und sollen. Es gilt, unseren Sehnsüchten
nachzugehen, damit unser gegenwärtiges Leiden oder unser aktueller Mangel behoben
wird. Wir sollen uns reich denken, Beziehungen in unser Leben rufen, Aktionspläne
aufstellen – die Ausdrücke variieren, je nach dem Umfeld in dem wir uns gerade
befinden.
Mit Nachdruck behaupt ich: NEIN! Zumindest dann nicht, wenn wir uns
selbst werden wollen. Wieso?
Erinnern wir uns nochmals daran, was ein eigener Weg bedeutet: Die Idee
ist, dass wir uns zur Liebe bewegen, dass wir irgendwann Liebe werden. Hierzu folgen wir konsequent und immer dem
Herzen. Nur ist es nicht wirklich möglich, im Voraus zu wissen, wohin der
eigene Weg führt denn wüssten wir es, dann wäre dieser wohl nicht mehr nötig. Zudem
wissen wir nicht, wie sich die Welt entwickeln wird, wie sich andere Menschen
entscheiden werden – alles Dinge die den eigenen Weg beeinflussen. Vergleichen
wir dies mit einem Fluss: An einer konkreten Stelle sucht er immer sein eigenes
Flussbett, indem er der Erdanziehungskraft (= dem Herzen nachgehen) folgt. Er
weiss aber zum Voraus nicht, ob er irgendwo nicht einen Erdrutsch (z.B die
Entscheidungen anderer Menschen) umfliessen muss. Er geht lediglich immer der
Erdanziehungskraft nach und dann sieht er, wohin er kommt.
Weil wir nun nicht wissen, wohin der Weg geht, können wir logischerweise
auch keine Ziele setzen – ausser vielleicht das Ziel, dass wir eben unseren Weg
gehen. Wir können also nichts anderes tun, als bei jeder Weggabelung erneut mit
dem Herzen entscheiden, welche Richtung wir nun einschlagen. Als Folge dieser
Entscheidungen entsteht dann unser Weg.
Eigene Wege sind wie Labyrinthe, ermöglichen uns aber in
die Liebe oder Freiheit zu gelangen, wie durch den Vogel dargestellt.
Felszeichnungen aus New Mexico.
Aus dieser Sicht sind Ziele sogar gefährlich. Wir konzentrieren uns dann
nicht mehr auf die Entscheidungen im Jetzt – der einzige Zeitpunkt in dem wir
auf unser Herz hören können – sondern wir bewerten die Entscheidungen danach,
ob wir die gegebenen Ziele erreichen oder nicht.
Dazu kommt dass unsere Ziele oder Wünsche oft fremdbestimmt sind. Sie
erscheinen zwar plausibel und wir haben den Eindruck, sie stammen tatsächlich
von uns, aber wer sagt ob sie wirklich auf unserem Weg liegen? Ziele und
Wünsche sind oft sehr stark von de Gesellschaft und unseren Eltern geprägt. Sie
stammen nicht wirklich von uns sondern sind uns einprogrammiert worden: Die
Familie, das Haus, die Karriere usw.
Wieso haben wir dann Wünsche oder Sehnsüchte? Diese zeigen in aller
Regel eine Abweichung von unserem Weg; sie weisen darauf hin, dass wir ein
bestimmtes Thema in uns bearbeiten und heilen müssen. Sehnen wir uns nach einem
Haus oder nach einer Beziehung, dann besteht in aller Regel irgendwo eine Wunde,
die meistens etwas mit unserer Geschichte zu tun hat, etwa die vermisste
Geborgenheit als Kind. Diese Sehnsucht zeigt uns, dass wir hier den alten
Schmerz akzeptieren und liebevoll zulassen sollen. So heilen wir die Wunde und
die Sehnsucht verschwindet.
Heisst das nun, dass wir keine Familie, kein Auto, kein Haus, keine
Partnerschaft haben sollen? Nein! Sondern diese Dinge entstehen – falls sie auf
unserem Weg sind – von alleine. Wir müssen nur jede Entscheidung mit dem Herzen
fällen.
In diesem Sinne sind Ziele und Wünsche ein Hindernis auf unserem Weg.
Konzentrieren wir uns darauf, diese zu erfüllen, dann verpassen wir womöglich
unseren Weg. Es ist wie eine Symptombekämpfung: Wir unterdrücken den Schmerz,
bemerkten ihn nicht mehr und können ihn deshalb auch nicht mehr heilen.
Also: Keine Ziele setzen sondern Wege entstehen lassen…
Nun, immer wenn solche Themen gerade aktuell sind, passieren mir Dinge
im Aussen, die damit zusammenhängen: Mit meinem neuen Chef hatte ich die Diskussion
ob meine Arbeit, die ausländischen Bahnen dahingehend zu überzeugen, ihre Güterwagen
leise zu machen, sich als quantifizierbares Ziel darstellen lässt. Ich bin der
Meinung es geht nicht - man muss den Weg und den Ausgang offen lassen. Eine ähnliche
Diskussion hatte ich mit einem Beamten des Bundesamtes für Umwelt über ein
anderes Projekt, bei dem er nach strikten Vorgaben arbeiten will und ich ein
offenes Vorgehen vorschlage.
Und natürlich muss ich mir dies alles auch immer selber sagen - sonst wäre es kein Thema. Jedenfalls wird so
alles sehr spannend: Ein Weg entsteht und wir haben keine Ahnung, wohin er
führt.
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