Es gibt Situationen, in denen wir in einem Zyklus von Angst
stecken bleiben, welcher die unmittelbar zu lösende oder anzugehende Tätigkeit erschwert.
Wir beobachten dann, dass unsere Angst alle Aktivitäten behindert, was in der
Folge zu noch mehr Angst führt. Gleichzeitig schränkt die Angst auch unsere
Möglichkeiten ein, zur Ruhe zu kommen. Beides zusammen mündet oft in einen
Teufelskreis.
Ein Beispiel ist Einschlafen: Wir wissen, dass wir genügend
Schlaf benötigen, weil wir am nächsten Tag eine bestimmte Leistung erbringen
müssen oder einfach weil Schlaf zu einer gesunden Lebensführung gehört. Beim
Einschlafen taucht dann etwa plötzlich ein Keim der Angst auf, dass das Einschlafen
heute wohl nicht gelingen wird und wir den nötigen Schlaf verpassen. Wegen dieser
Angst wird selbstverständlich das Einschlafen erschwert, wodurch wir noch
weniger gut einschlafen können. Wir bekommen so gewissermassen Angst vor der
Angst. So drehen wir uns in einem Angstzyklus, welcher immer stärker wird und
dabei auch unsere Entspannungstechniken, welche aus dem Zyklus führen sollten,
behindert. Ein anderes Beispiel ist die Heilung von Krankheiten, welche Ruhe
und Geduld erfordern. Wenn wir aber Angst bekommen, es könne sich um etwas weit
Schlimmeres handeln, geht genau die nötige Ruhe verloren und womöglich wird die
Krankheit just dadurch noch schlimmer. Wir merken dies und geraten wieder in
einen Teufelskreis der Angst. Solche Zyklen sind häufig und lassen sich in fast
allen Lebensbereichen identifizieren. Was machen? Wie können wir mit solchen
Zyklen umgehen?
Vorweg: Angst ist an sich nicht ein Problem, sondern hat
eine wichtige Funktion. Auf eigenen Wegen hilft sie uns Energie für die nötige
Aufmerksamkeit für den nächsten neuen und unbekannten Schritt zu geben. Sie
hilft uns auf diese Art und Weise, etwas Unbekanntes umzusetzen. Dies ist sehr
wertvoll. Im Angstzyklus ist die Angst aber entgleitet, sie dreht
gewissermassen im Leeren. Vergleichen wir dies mit einem Auto: Die gesunde
Angst ist vergleichbar mit Rädern welche genügend Reibung zur Strasse haben und
das Auto deshalb vorwärts kommt. Im Angstzyklus ist jedoch zu wenig Reibung
vorhanden, das Rad dreht sich im Leeren und das Auto kommt bleibt stecken. Letzteres
ist der Angstzyklus, den wir hier genauer untersuchen wollen.
Solche Zyklen sind natürlich nichts Neues und plagen die
Menschheit wohl seit es sie gibt. Entsprechend gibt es auch zahlreiche
Techniken im Umgang damit. Dazu gehören Atemtechniken, progressive Entspannung,
Meditation, Visualisierung, Hypnose, autogenes Training, Techniken im Umgang
mit irrationalen Sorgen, bessere Ernährung, mehr Bewegung und vieles mehr. Was könnte
hier der Schamane noch beitragen? Nach meiner Beobachtung sind die meisten
dieser Techniken jedoch vor allem in der Prävention nützlich, sie sind also
eher eine langfristige Angelegenheit. Mitten im Angstzyklus drinnen sind sie
schwer anzuwenden. Ich möchte hier deshalb einen Ansatz vorstellen, welche den
kurzfristigen Umgang mit Angstzyklen behandelt. Wie gehen wir also vor, wenn wir
mitten im Zyklus drinnen sind? Gleichzeitig möchte ich zeigen, dass dieser
Ansatz oft gleichzeitig einen Entwicklungsschritt auf unserem Weg einleiten
kann.
Hier eine schamanische Reise zu diesem Thema: „Meine spirituelle Helferin führt mich in
einen rasch drehenden Zylinder aus Metall. Am Innenrand dieses Zylinders hat es
einzelne gefährliche Ausstülpungen. Es ist offensichtlich, dass wenn ich sie
berühren würde, dass sie meinen Körper durchschneiden würden. Es scheint
unmöglich, den Zylinder zu verlassen, geschweige denn ihn zu berühren. Ich
versuche abzusitzen, mit der Idee, mich so zu entspannen. Dies geht aber nicht,
denn im Sitzen würde ich zu viel Platz benötigen und dabei den gefährlichen Rand
des Zylinders berühren. Während ich in diesem Zylinder stehe, kommt der Rand
immer näher und zudem dreht er schneller und schneller. Es ist eine ausweglose
Situation. Früher oder später würde ich vom Zylinder zerdrückt oder von den
Ausstülpungen zerschnitten. Ich frage meine Helferin: „Was soll ich tun?“ Sie
zeigt, wie ich durch den Rand des Zylinders hindurchschreite. Die scharfen
Ausstülpungen zerschneiden meine Kleidung und reissen meine Haut auf. Eine
Schicht Kleidung und eine alte Haut liegen mir zu Boden, aber ich überlebe und
bin nun ausserhalb des Zylinders. Ich schaue mich selbst an und sehe, dass ich
eine neue Haut trage. Ich fühle mich verändert. Vor mir eröffnet sich ein Weg
und ich nehme ihn.“
Nach meiner Interpretation führt der Weg aus dem Zyklus durch
ihn hindurch. Stellt man sich dem Zyklus, lässt man ihn wirken und duckt sich
nicht davor, dann kann er uns gleichzeitig transformieren. Wir können dann loslassen
und erneuert unseren Weg gehen. So gesehen kann der Angstzyklus sogar ein
Geschenk sein. In den meisten Fällen ist die zurückgelassene Kleidung und Haut
eine Fülle von Glaubensätzen, absoluten Aussagen und Ähnlichem. Das Zulassen
des Zyklus lässt uns diese abstreifen, so dass wir uns auf den nächsten
Schritten unseres Weges nicht von ihnen behindert werden.
Aber was heisst dies in der Praxis? Folgende Schritte leite
ich aus der schamanischen Reise ab: 1) Ich anerkenne, dass ich in einem
Angstzyklus drinnen bin und dieser eine Transformation ermöglichen kann. Ich
bekomme also eine positive Einstellung gegenüber dem Zyklus. 2) Ich lasse den
Zyklus zu, insbesondere lasse ich die Angst in ihrer vollen Wucht zu. 3) Ich
beobachte, wie die Angst allerlei Glaubensätze, Interpretationen, Sorgen und so
weiter durchschneidet. 4) Ich nehme mich als neuen Menschen wahr und gehe
weiter auf meinem Weg.
Spielen wir dies noch anhand des Beispiels von
Einschlafstörungen durch: 1) Ich anerkenne, dass ich wegen einem Angstzyklus
nicht einschlafen kann, dass dieser aber einen transformierenden Schritt
auslösen kann. 2) Ich wehre mich nicht mehr gegen die Angst, sondern ich lasse
sie in ihrer vollen Wucht zu – dies obwohl dabei natürlich meine Logik sagen
wird, dass ich so nie und nimmer wird einschlafen können. 3) Ich lasse zu, wie
die Angst Glaubensätze und Sorgen durchschneidet. Glaubenssätze könnten sein: „Ein
Mensch braucht acht Stunden Schlaf.“ „Ich kann keine Leistung erbringen, wenn
ich nicht genügend Schlaf habe.“ „Lärm, Strahlung, der Nachbar usw. sind schuld
daran, dass ich nicht schlafe.“ 4) Als neuer Mensch gehe ich weiter. Es kommt
nun nicht mehr darauf an, ob ich acht Stunden schlafe oder nicht, sondern es
stellt sich auf meinem Weg natürlich ein, wieviel ich jeweils schlafe. Oder die
Menge die ich leiste ist eine Folge meines Weges und nicht eine absolute Grösse,
die eine bestimmte Menge Schlaf bedingt. Oder die Störungen der Umgebung haben
Mitteilungen an mich und gehören zu meinem Weg.
Nochmals: Dies heisst nicht, dass wir die präventiven
Übungen nicht machen sollten, sondern nur, was wir tun könnten, um aus dem
Wirbel zu gelangen wenn wir uns direkt in ihm selbst befinden. Vielleicht
hierzu noch der Vergleich zum Schwimmen im Meer bei sehr hohen Wellen. In der
Regel kommt man gut durch, wenn man die an der richtigen Stelle durch die
Wellen taucht. Gelangt man aber direkt in die Brandung, dann bleibt nichts anders übrig,
als sie zuzulassen und das Durchschütteln auszuhalten.
Hier noch ein paar Nachrichten in eigener Sache:
Leider wird die Veröffentlichung meines neusten Buches: „Das
schamanische Buch der Liebe“ nochmals verzögert. Der Verlag möchte die Reihe neu
gestalten. Diese Arbeiten sind offenbar noch nicht zufriedenstellend
abgeschlossen, so dass die Veröffentlichung auf den August 2018 verschoben
wird.
Die nächsten Kurse im neuen Jahr sind:
· Oberwiler Kurse: Magische Begegnungen:
Schamanismus in zwischenmenschlichen Beziehungen. Samstag, 17. März, 2018. https://www.oberwilerkurse.ch/kurse/magische-begegnungen-17-3-18/