Samstag, 26. Oktober 2019

Fallen auf dem eigenen Weg; Eine Checkliste


Die Vorgehensweise des Schamanen ist schnell formuliert: Den eigenen Weg gehen, indem man stets mit dem Herzen entscheidet. Und als Unterstützung kann man mitunter eine schamanische Reise machen. Dieses Vorgehen allerdings einfacher gesagt, als getan, denn der eigene Weg ist voller Tücken. Es ist deshalb nötig, sich immer wieder die Frage zu stellen, ob man wirklich auf dem eigenen Weg ist oder nicht. Deshalb möchte ich nachfolgend eine Checkliste möglicher Fallen aufführen, in die wir geraten können und als Folge dann vom Weg abkommen. Diese Liste ist sicher unvollständig – die möglichen Fallen sind sehr vielfältig – aber es sind solche, die ich immer wieder beobachte. Wieso ist die Beschäftigung mit Fallen wichtig? Je besser wir solche Fallen erkennen, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir sie vermeiden können. Zudem ist die Auseinandersetzung mit ihnen auch deshalb wichtig, denn sind wir einmal in eine geraten, so ist dies oft schwierig zu erkennen. Letzteres stellt dann auch gleich die erste Falle dar:  

Wir merken nicht, dass wir in eine Falle geraten sind: Viele Fallen sind getarnt. Nicht nur erkennen wir sie kaum, sondern sind wir in einer gefangen, so merken wir dies oft nicht einmal. Dies führt dazu, dass wir uns sinnbildlich in ein immer tieferes Loch graben und dabei vollständig überzeugt sind, nach wie vor auf unserem Weg zu sein. Auch wenn wir die Falle ahnen, schauen wir meist der Wahrheit nicht ins Auge, denn unser Gefühl von Verlust und Enttäuschung wäre wohl zu gross. Lieber lehnen wir die Möglichkeit einer Falle ab und machen so weiter wie bisher. Der wichtigste Umgang mit Fallen ist also, ehrlich anzuerkennen, dass wir möglicherwiese in eine geraten sind. Dazu müssen wir mitunter innehalten und den eigenen Standort genau überprüfen. Es kann dabei durchaus hilfreich sein, Aussenstehende zu fragen, ob wir möglicherweise in eine Falle geraten sind. Die Einschätzung anderer muss natürlich nicht stimmen, aber sie kann uns doch Anhaltspunkte geben.

Die Verantwortung nicht übernehmen: Unser Tun oder auch Nichtstun hat Konsequenzen: Oft sind Folgehandlungen notwendig. Wir müssen gewissermassen den Brei ausessen, den wir angerichtet haben. Machen wir dies nicht, dann geraten wir von unserem Weg ab. Dies ist eine Falle, denn oft ist es aus Bequemlichkeit oder anderen Gründen einfacher zu warten und nichts zu tun, in der Hoffnung oder Erwartung, dass irgendwann eine Lösung von allein entsteht oder jemand kommt, welcher die Situation wieder in Ordnung bringt. Unser Weg führt aber durch alles, was wir angerichtet haben. Verwandt damit ist folgender Punkt:

Delegieren: Schamanen finden sich im Alltag ihrer Gesellschaft zurecht. Sie beherrschen die Tätigkeiten, die hierzu notwendig sind und machen die Dinge soweit möglich selbst. Sie geraten dann in eine Falle, wenn sie mehr und mehr Tätigkeiten zum Beispiel wegen spirituellen Kontakten oder philosophischen Gedanken an andere delegieren, um mehr Zeit für die vermeintlich wichtigeren Angelegenheiten zu haben. Der Weg des Schamanen geht aber durch den Alltag: Er geht arbeiten, einkaufen, erledigt den Haushalt und so weiter.

Sich hinter übergeordneten Themen verstecken: Statt sich den Themen des eigenen Weges – dies ist eben schwierig! – zu widmen, beschäftigten sich viele Menschen lieber mit übergeordneten Themen, sei es der Klimawandel, die Rettung der Erde oder die Ungleichheit unter den Menschen. Dies sind sicher gute Ziele, aber wenn dabei die unmittelbaren Themen vernachlässigt werden, dann ist dies ebenfalls eine Falle. Solche Menschen haben oft auch eine überrissene Meinung von sich selbst und haben den Eindruck, sie seien irgendwie für die höheren Aufgaben auserwählt worden. Der Beitrag des Schamanen zum Gesamtwohl ist jedoch immer die eigene Heilung. Es nützt wenig, sich Gedanken zur Rettung der Erde zu machen und dabei die eigenen Aufgaben nicht zu beachten.

Heuchelei: Viele Menschen wollen auf ihren Wegen sichtbare Resultate sehen. Für ihren Aufwand wollen sie also Früchte ernten. Meist ist dies Gesundheit, Fitness, Erfolg und ähnliches. Wenn sich diese Dinge nicht einstellen, dann spielen sie die problematischen Aspekte herunter. Nach aussen wollen sie kundtun, dass alles in Ordnung ist. Nur: Wege sind nicht so und immer entstehen neue Herausforderungen. Diesen müssen wir uns stellen und dabei unsere Verwundbarkeit und Anfälligkeit anerkennen. Nur so gelangen wir zu denjenigen Erlebnissen, welche unsere Heilung anregen. Diese Heuchelei kostet übrigens grosse Mengen von Energie, welche dann für den eigenen Weg nicht mehr zur Verfügung steht.

Sich hinter Herzentscheiden verstecken: Jedes Verhalten kann der Umgebung gegenüber als Folge eines Herzentscheides begründet werden. Sind wir jedoch in einer Falle, so funktionieren Herzentscheide nicht mehr. Wir täuschen uns dabei selber aber auch andere. Unsere Herzentscheide müssen wir deshalb immer kritisch hinterfragen.

Uns nach «Autoritäten» orientieren: Wenn wir eine Methode anwenden, die jemand anders entwickelt hat, so mang diese zwar gut für ihn sein, aber nicht unbedingt für uns. Wir sind deshalb aufgefordert uns selbst zu erforschen und herauszufinden, wie wir vorgehen. Die Orientierung nach Autoritäten ist eine weitere Art, die Verantwortung nicht zu übernehmen. Dies gilt natürlich auch für alles was ich sage – auch diese Checkliste ist deshalb kritisch zu hinterfragen.

Co-dependency (Co-Abhängigkeit): Wenn wir im Umfeld eines Menschen sind, welcher in eine Falle geraten ist und wir dies tolerieren oder sogar unterstützen obwohl wir dessen bewusst sind, dann stecken wir selbst in einer. Co-dependency als Begriff stammt von Alkohol- oder Drogensüchtigen, bei denen Angehörige das Verhalten des Süchtigen unterstützen, indem sie beispielsweise den Alkohol beschaffen oder das Problem herunterspielen. Das Gleiche geschieht bei Angehörigen von Menschen, die in Fallen geraten sind. Sie helfen etwa mit, die Probleme zu ignorieren, die Aufgaben wahrzunehmen, welche andere ihnen delegiert haben oder sie übernehmen stellvertretend Verantwortung. Sie helfen dem Menschen in der Falle dabei wenig, sondern im Gegenteil, dieser gerät dadurch stärker und stärker in die Falle.  Auch dies kostet Unmengen von Energie, welche dann nicht mehr für den eigenen Weg zur Verfügung steht.

Energie anderen entziehen: Sind wir in eine Falle geraten, dann (wie bereits bei einigen Punkten erwähnt) so benötigt dies viel Energie. Es ist deshalb ein Zeichen einer Falle, dass wir Verhaltensweisen aufweisen, welche anderen Energie entziehen. Beispiele sind: Die Aufmerksamkeit von anderen auf sich lenken, sich als Opfer darstellen, andere angreifen oder blossstellen, Respektlosigkeit und vieles mehr.

Dies ist, wie gesagt, nur eine unvollständige Liste von möglichen Fallen. Aber was tun, wenn wir feststellen, dass wir in einer Falle stecken? Nur schon, diesen Umstand anzuerkennen, ist die Hälfte der Lösung. Haben wir sie identifiziert, dann gehen wir mit Bedacht das Thema der konkreten Falle an: Wir übernehmen die Verantwortung, wir delegieren nicht mehr, machen mehr selbst, wir schauen die unmittelbaren Themen an und verstecken uns nicht mehr hinter übergeordneten Themen. Wir sind ehrlich über unseren Zustand, wir verstecken uns nicht mehr hinter Herzentscheiden, wir orientieren uns nicht mehr an Autoritäten und wir spielen unsere und die Themen der Angehörigen nicht mehr hinunter und zeigen stattdessen unsere Anfälligkeit und Verwundbarkeit. Schliesslich entziehen wir unserem Umfeld keine Energie mehr. So können wir uns in langsamen Schritten von der Falle befreien.



Mittwoch, 4. September 2019

Wieso gibt es etwas und nicht vielmehr nichts? Die schamanischen Konsequenzen einer tiefgründigen Frage.


Die Frage, wieso es Dinge gibt und nicht vielmehr nichts, beschäftigt die Menschheit schon seit mindestens der Antike. Der Fall, dass es nichts gibt, ist der einfachere und zudem muss die Frage nicht geklärt werden, wieso es aus nichts etwas geben konnte. Doch hat es Dinge – dies beobachten wir jeden Tag. In der Antike sind die Menschen eher davon ausgegangen, dass nichts gar nicht möglich sei (d.h. es hat nur Dinge) und heutzutage sagen moderne Quantenphysiker, dass das Nichts unstabil sei, und Partikel gewissermassen aus dem Nichts entstehen können. Ich möchte hier aber nicht die Geschichte der verschiedenen philosophischen und physikalischen Ansätze zu diesem Thema zusammenfassen, sondern ein eigener Ansatz aufführen und daraus praktische Konsequenzen für unser Leben ableiten.

Um über etwas und nichts nachzudenken, verwende ich als Vergleich eine einfache Zahlenreihe, welche von minus unendlich über null bis zu plus unendlich reicht. Dabei stellt null das Nichts dar und alle anderen Zahlen das Etwas. An dieser Zahlenreiche kann ich folgende Beobachtungen anstellen:

Die Null hat keine Ausdehnung. Ich kann zwar von beiden Seiten her beliebig nahe an die Null (d.h. 0.1, 0.01, 0.001, beziehungsweise -0.1, -0.01, -0.001 usw.) aber erreichen kann ich diese Zahl nie. Die Null hat auf dieser Zahlenreihe keine Ausdehnung – sie ist nur ein Punkt. Die Null ist somit ein theoretisches Konstrukt, zwar sehr nützlich für Rechnungen aller Art, aber unendlich klein. Und wenn die Null unendlich klein ist, dann kann man genauso gut sagen, dass sie gar nicht existiert. In anderen Worten: Es gibt kein Nichts, es gibt nur etwas. «Nichts» ist lediglich ein praktischer Platzhalter.

Alle Zahlen haben keine Ausdehnung: Das eben erläuterte Prinzip, dass die Null keine Ausdehnung hat, gilt jedoch auch für alle anderen Zahlen, auch eine Eins hat keine Ausdehnung. Daraus könnte man folgern, dass alle Dinge selbst ebenfalls unendlich klein sind, dass es zumindest die konkreten Dinge nicht gibt. Es gibt also nicht nur kein Nichts, sondern auch keine Dinge, zumindest keine konkreten, auch wenn diese alle in einem Bereich der Zahlenreihe auftreten, welche das Existierende darstellt. Es gibt also auch kein konkretes Etwas. Auch konkrete Dinge sind nichts anderes als praktische Platzhalter.

Ich kann die Null irgendwo setzen: Ich kann meine Zahlenreihe, auf die eine oder andere Seite verschieben, d.h. zum Beispiel die Null dort setzen, wo vorher die Eins war. Ich habe dann immer noch unendlich viele Zahlen auf beiden Seiten, so dass die neue Stelle problemlos null sein darf. Dies geht, weil null die Summe aller Zahlen darstellt und dies ist auch mit dieser Verschiebung noch der Fall. Die Konsequenz: Jeder Ort kann Nichts sein. Das Ganze gilt aber auch für jede andere Zahl. Jedes konkrete Ding könnte jedes andere sein. Also, weder der Platzhalter «Nichts» noch die Platzhalter «Etwas» sind an konkrete Standorte gebunden.

Das Fazit bisher: Sowohl das Nichts wie die konkreten Beschreibungen des Etwas haben keine Ausdehnung, man kann sie nur annähern. Zudem kann man sie ziemlich beliebig setzen. Wo etwas ist, kann genauso gut nichts sein und umgekehrt. Die Frage, wieso es etwas gibt und nicht vielmehr nichts, lässt sich somit nicht klären. Mehr sogar: Diese Frage scheint ziemlich sinnlos zu sein, obwohl sie als eine der wichtigsten und tiefgründigsten Fragen überhaupt angesehen wird.

Differenzen zwischen Zahlen sind real: Aus den vorgenommenen Beobachtungen können wir jedoch eine ganz andere Erkenntnis gewinnen: Gehen wir hierzu zurück zur Zahlenreihe. Zwar haben die einzelnen Zahlen selbst keine Ausdehnung, die Differenz zwischen zwei Zahlen hingegen schon. Diese ist klar beschreibbar und hat eine Länge – sie ist also etwas. In anderen Worten: Es gibt weder das konkrete Etwas noch das Nichts, aber es gibt Beziehungen zwischen Dingen.

Jetzt müssen wir konkret werden: Diese Beobachtung widerspricht unserer praktischen Erfahrung. Hier sehen wir ganz konkrete Dinge: Etwa ein Mensch oder ein Gegenstand. Wir sind uns sicher, dass es Dinge gibt, auch wenn diese durchaus zueinander in Beziehung stehen. Wie lässt sich das mit den oben gemachten Beobachtungen vereinbaren, dass es keine Dinge gibt, sondern nur Beziehungen? Das, was wir als uns selbst bezeichnen ist eben auch ein Bereich oder eine Differenz zwischen zwei Dingen, zum Beispiel der Bereich zwischen unserer linken und rechten Seite. Es gibt also in diesem Sinne kein wirkliches Ich – immer ist etwas eine Differenz zwischen zwei Dingen. (Gewisse mögen hier intervenieren und sagen: Doch, zumindest die Seele ist eine Einheit. Nach meinem Seelenbild, vgl. «Das schamanische Buch der Seele», besteht aber die Seele aus Bewusstseinselementen, die wir mit Anderen teilen. Also auch auf dieser Ebene passt das Konzept, dass es keine Dinge, sondern nur Beziehungen gibt.). Dinge sind also Bereiche, die aus Differenzen bestehen. Das, was wir als konkrete Dinge wahrnehmen, sind also auch Beziehungen.

Werden wir noch konkreter: Je grösser unser Ego, desto grösser ist wohl der Bereich, welcher wir einnehmen, damit wir uns wohl fühlen. Wollen wir unser Ego reduzieren (und dies ist eine nötige Aufgabe auf dem Weg des Schamanen zur Liebe), dann müssen wir diesen Bereich immer kleiner werden lassen, ihn gewissermassen gegen null tendieren lassen, d.h. wir müssen so viel wie möglich von dem Bereich, den wir als «uns» bezeichnen, weggeben, und dies so lange, bis wir selbst nur noch  Platzhalter sind. Gleichzeitig müssen wir erkennen, dass nur Beziehungen real sind. Und für jede Beziehung, ob zu Personen, Tieren, Pflanzen, Dingen, braucht es immer etwas Anderes und nicht nur uns. Alles andere ist somit also genauso wichtig, wie wir selbst. Nur die Verbundenheit gibt es, sonst nichts, weder das Nichts noch das konkrete Etwas.

Die Konsequenz für das Leben des Schamanen: Wir arbeiten stetig daran, das separate «Ich» immer kleiner werden zu lassen und immer mehr Aufmerksamkeit auf die Verbundenheit mit allem anderen zu stecken. Es ist die Beziehung, die real ist, nicht die Dinge selbst. Dies gibt uns eine enorme Verantwortung, denn alles, was wir entscheiden und tun beeinflusst diese Verbundenheit. Wir sind dann nur noch die Träger oder die Verankerung, beziehungsweise die Pflegenden dieser Verbundenheit. Was wir tun oder auch nicht tun, beeinflusst das ganze Netz der Verbundenheit.

Das Resultat dieser eher philosophischen Betrachtung: Wir haben zwar festgestellt, dass die ursprüngliche philosophische Frage (wieso gibt es etwas und nicht vielmehr nichts) ziemlich sinnlos ist, dafür sind wir auf eine brauchbare Erkenntnis gestossen: Wir müssen immer weniger Aufmerksamkeit auf uns richten, uns selbst also immer weniger wichtig werden lassen, denn es gibt uns gar nicht wirklich – wir sind nur ein Platzhalter. Stattdessen beachten wir immer mehr die Beziehung zu Anderem und Anderen. Die Beschäftigung mit einer philosophischen Frage führte somit trotzdem zu einer ganz praktischen Einsicht…



Die nächsten Kurse:

Mit Schamanismus ein persönliches Thema angehen, Samstag und Sonntag, 16. und 17. November, 2019. Zürich. http://www.obihaus.ch/

Die schamanische Reise von Anfang an, Samstag, 7. Dezember, 2019. Oberwil bei Zug. https://www.oberwilerkurse.ch/kurse/schamanismus-von-anfang-an/

Mehr Information auf: http://jakoboertli.ch/angebot.html


Montag, 22. April 2019

Was nun?

Eigene Wege fühlen sich nicht immer gleich an: Zu gewissen Zeiten arbeiten wir intensiv an etwas, unsere Themen und unsere Arbeit sind klar ersichtlich, und wir wissen genau, auf was wir unsere Aufmerksamkeit lenken sollen, beziehungsweise was wir konkret umsetzen wollen. Dann gelangen wir an einen Punkt, wo dies alles nicht mehr so klar ist. Wir haben ein Projekt beendet oder haben eine Lebensphase abgeschlossen und fragen uns: Was nun? Wo geht es als nächstes für mich durch? Auf was soll ich nun meine Aufmerksamkeit lenken?

Hier eine Antwort: Der nächste Schritt auf dem Weg wird durch eine Herausforderung beziehungsweise ein Hindernis bestimmt. Mit diesem Hindernis können wir gewissermassen den nötigen Schwung holen, um auf unserem Weg weiterzukommen. Dabei mag es vorübergehend so wirken, als würden wir einen Rückschritt erleiden, denn wir sind voller Gefühle, gar Verzweiflung – es kommt uns oft überhaupt nicht so vor, als würden wir weiterkommen. Wir sind beispielsweise voller Zweifel und Unsicherheit: Wie werde ich diese Herausforderung meistern? Was wird dabei herauskommen? Wie wird sich mein Leben verändern? Was werde ich zurücklassen müssen? Doch ist dieser gefühlte Rückschritt unausweichlich, denn Wege haben eine charakteristische Wellenbewegung, so wie in der unten aufgeführten Grafik dargestellt. Nach rechts bewegt sich die Zeit, nach oben, wie weit wir uns gefühlt auf unserem Weg befinden. Es ist ein ständiges Auf und Ab, jedoch kommen wir in der Summe stets weiter nach oben.







In dieser Wellenbewegung können wir vier unterschiedliche Qualitäten beobachten: 1) Intensive Beschäftigung mit einem Thema. Hier wissen wir genau, was wir zu tun haben. 2) Plateau: Nachdem wir ein Thema abgeschlossen haben, ist es uns meist unklar, was wir als nächstes tun wollen. Es ist also Zeit, unsere nächste Herausforderung zu suchen. 3) Wir nehmen die Herausforderung an. Zu Beginn ist es unklar, wie sich diese genau gestalten wird oder was es konkret zu tun gibt. Wir müssen uns mit sehr viel Neuem auseinandersetzen, was meist intensive Gefühle wie Angst oder Trauer auslöst, so dass wir uns gefühlt rückwärts bewegen. 4) Wir erreichen einen Tiefpunkt beziehungsweise einen Wendepunkt, bekommen aber hier unser Thema in den Griff, wonach wir wissen, was wir konkret umsetzen wollen. Danach gelangen wir wieder in die Phase 1), wo wir wissen, was wir zu tun haben. Und so geht dies weiter: Thema um Thema, Herausforderung um Herausforderung. Meist haben wir dabei nicht nur eine einzige Herausforderung, sondern mehrere parallel und diese können je wiederum in unterschiedlichen Phasen sein.

Bei der Frage also: «Was nun?», sind wir auf dem Plateau. Hier geht es darum, die nächste Herausforderung zu suchen und diese dann anzunehmen. Diese erkennt man in der Regel an körperlichem Schmerz, an Gefühlen wie Wut oder Sehnsucht oder an Verzweiflung. (Mehr hierzu in meinem Buch: Das schamanische Heilbuch). Dabei deuten alle Stärkegrade dieser Empfindungen auf Themen hin. Hat man die Herausforderung gefunden, dann geht man sie an. Auf diese Weise gelangen wir auf unseren Wegen weiter und kommen so automatisch an den nächsten Ort. Dies alles, wohlgemerkt, ohne, dass wir uns allerlei Fragen stellen, wie «Was könnte noch zu mir passen?» und dann mit nachdenken Listen erstellen. Unser eigener Weg finden wir durch Herausforderungen und nicht mit überlegen.

Die Sache hat aber seine Tücken. Hier einige davon:

Die Herausforderung ist zu gross: Es besteht das Risiko, dass uns eine Herausforderung überfordert. Wir geraten dann in einen «Sumpf», dem wir in der Regel allein nicht entweichen können. Dieser Sumpf ist für alle Menschen an einem anderen Ort. Wir müssen also selbst herausfinden, wie weit wir gehen können, bevor wir in diesen Sumpf geraten. Je grösser unser Abstand zum Sumpf, desto grösser die Herausforderungen, die wir annehmen können. Geraten wir jedoch in den Sumpf, so gelingt uns kaum mehr etwas, egal wie stark wir uns anstrengen. In diesem Fall benötigen wir externe Hilfe, z.B. von einem Therapeuten.







Wir nehmen die Herausforderung nicht wahr: In diesem Fall weichen wir nach und nach von unserem Weg ab, und früher oder später gelangen wir betreffend dieses Thema in den Sumpf. Das Nichtstun beziehungsweise das Vermeiden der Herausforderung – oft mit allerlei Ausreden begründet – birgt aber weitere Risiken: Früher gewonnene Schritte können dadurch wieder aufgehoben werden. Beispielsweise riskieren wir unser «weisses Herz», also unsere Fähigkeit, auf eine solche Art und Weise mit dem Herzen zu entscheiden, dass wir unseren Weg gehen. (Auch zum Thema «weisses Herz» mehr im schamanischen Heilbuch und im Schamanischen Buch der Liebe).







Wir lösen die Herausforderung mit Symptombekämpfung: Statt, dass wir uns der Herausforderung stellen, verdrängen wir die Zeichen (zur Erinnerung: Schmerz, Wut, Sehnsucht, Verzweiflung) mit allerlei Symptombekämpfungsmassnahmen wie etwa Aktivismus, Drogen, Medikamente, Sprechen, Festen, Wellness und dergleichen. Diese Dinge sind nicht per se falsch, sondern nur dann, wenn sie als Symptombekämpfung verwendet werden. Solche Massnahmen mildern zwar den Druck und vermitteln uns den Eindruck, wir würden uns auf unserem Weg weiterbegeben, sie kommen aber einer Selbsttäuschung gleich. Die Symptombekämpfung lässt sich mit einem Bankdarlehen vergleichen: Wir haben zwar nun mehr Geld, müssen es aber früher oder später mit Zins zurückzahlen. Nehmen wir dann anschliessend eine weitere Symptombekämpfungsmassnahme zu Hilfe, dann müssen wir diese wiederum sogar mit Zinseszins zurückzahlen. Dies geht solange auf diese Art und Weise weiter, bis die Symptombekämpfungsmassnahmen nicht mehr wirken und wir auch in diesem Szenarium in den Sumpf geraten. Die erwähnte externe Hilfe, wenn wir in einen Sumpf geraten sind, müssen wir übrigens auch zurückzahlen. Dies können wir, indem wir den Abstand, den wir zum Sumpf bekommen haben, in unseren Weg investieren, sprich eine Herausforderung annehmen. Tun wir dies nicht, dann gleiten wir früher oder später in den Sumpf zurück.







Kleine und grosse Herausforderungen: Grosse Herausforderungen bringen uns schneller auf unserem Weg weiter als kleine, dafür ist das Risiko, in den Sumpf zu geraten, ebenfalls grösser. Haben wir wenig Abstand zum Sumpf, dann lohnt es sich, zuerst einige kleinere Herausforderungen anzugehen, um auf diese Weise den Abstand zu erhöhen. Damit haben wir anschliessend wieder genügend Raum für grössere Herausforderungen.







Also: Die Antwort auf die Frage: «Was nun?» lautet: Die nächste Herausforderung angehen! Dabei müssen wir uns in der Zeit-Weg Landschaft positionieren, damit wir die richtigen Herausforderungen annehmen. Wir haben übrigens dann eine konkrete Herausforderung abgeschlossen, wenn sie uns nicht mehr betroffen macht.

Die Entscheidung, welche Herausforderung man wählt, kann auch mit dem Herzen gefällt werden. Die Voraussetzung ist allerdings ein «weisses Herz», also die Fähigkeit derart mit dem Herzen zu entscheiden, dass man den eigenen Weg findet. Solche Menschen haben in der Regel sowieso einen grösseren Abstand zum Sumpf, so dass das Risiko eines Fehlentscheides etwas kleiner ist. Hat man eine Zeitlang die Herausforderungen ignoriert oder zu viel Symptombekämpfung vorgenommen, so ist es durchaus möglich, dass die eigenen Herzentscheide nicht mehr korrekt sind. Diese Möglichkeit muss uns stets bewusst sein, weshalb ein sorgfältiges Überprüfen der eigenen Herzqualität von Nöten ist. (Mehr hierzu im Blog vom 15. Januar, 2018: Schamanismus als Ausrede). Weitere Unterstützung sowohl für die Entscheidung, welche Herausforderung zu bewältigen sind, wie auch für konkrete Möglichkeiten diese anzugehen, gibt uns auch der spirituelle Helfer auf schamanischen Reisen.

Dieser Ansatz kann übrigens auch auf Beziehungen angewendet werden. Mehr dazu in einem der nächsten Blogs.



Vorankündigung: Im Herbst 2019 finden zwei Kurse statt:







Sonntag, 13. Januar 2019

Schamanische Mathematik


Mathematik sei für Techniker nützlich, etwa um die Statik von Brücken zu berechnen, Fahrpläne zu konstruieren oder um die Lieferung von Nahrungsmitteln an einen Supermarkt zu optimieren. Mathematik sei sachlich, von dieser alltäglichen Welt und deshalb nicht geeignet, um spirituelle Themen oder um Schamanismus zu beschreiben. Schamanismus sei etwas Anderes, beinhalte eine besondere Verbindung zum Leben, zur Natur, sei von einer anderen Ebene, wo Bewusstsein, Bewusstseinsänderungen, Gefühle und Liebe vorherrschen, welche sich allesamt nicht mit Mathematik erfassen lassen. So argumentieren viele, welche keine Verbindung zwischen den beiden sehen wollen.
Ich sehe dies anders: Nicht nur sind Mathematik und Schamanismus miteinander verbunden, es könnte sogar so sein, dass Schamanismus ein Aspekt der Mathematik ist, ein Teilgebiet sozusagen. Dies wird von neueren Ideen (so z.B. von Max Tegmark) unterstützt, wonach die ganze Struktur des Universums Mathematik ist. Danach ist alles Mathematik (die Physik, die Chemie, die Biologie, der Mensch, unsere Sprache, unsere Gefühle usw.) und folglich wäre auch Schamanismus Mathematik. Es gibt also ein mathematischer Schamanismus oder besser eine schamanische Mathematik.
Ist dies so? Falls ja, würde dies heissen, dass man die Konzepte des Schamanismus auch in der Mathematik findet. Hier möchte ich zeigen, dass dem nicht nur so ist, sondern, dass man zu weitergehenden Erkenntnissen gelangt, wenn man dies anerkennt. Hier also eine Auswahl von Grundsätzen des Schamanismus, die auch in der Mathematik zu finden sind und die ergänzenden Erkenntnisse die wir mit diesem Ansatz erfahren:

Schamanen gehen einen eigenen Weg zur Liebe:
Mathematische Sichtweise:
Der eigene Weg ist ein Fluss, angezogen von der Liebe. Dies entspricht dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, wonach Prozesse mit der Zeit zu mehr Entropie beziehungsweise Zufälligkeit gelangen – so wird beispielsweise die freie potentielle Energie eines Flusses nach und nach in Wärme umgewandelt. Wir sind also desto mehr Liebe, desto grösser unsere Entropie ist. Dabei ist in thermodynamischen Prozessen zu Beginn nicht klar, welcher Zustand am Ende genau bestehen wird. Dies deshalb, weil es immer viele Zustände gibt, welche der Forderung nach einer Erhöhung der Entropie genügen.
Weitergehende Erkenntnisse für den Schamanen:
Oft stellen wir uns unter einem eigenen Weg etwas Einmaliges vor, einen einzigen konkreten Weg und nicht viele unterschiedliche. Beschreibt man aber eigene Wege im Sinne des zweiten Hauptsatzes, dann bestehen zahlreiche gleichwertige Zustände, die einer Erhöhung der Liebe entsprechen. Der Weg ist in diesem Sinne also nicht vorgegeben – nur die Richtung. Beschreiben wir Wege zur Liebe mit dem zweiten Hauptsatz, so heisst dies zudem, dass sich unser Unwissen über unseren Standort erhöht, desto mehr Liebe wir sind. Dies – so beobachte ich – ist in der Tat so: Wir beziehen etwa viel weniger Position zu den Themen des Alltages und werden damit mehr und mehr zum Beobachter.
 
Aber halt: Hier müssen wir etwas mehr in die Tiefe: Ist eine Zunahme der Liebe wirklich eine Zunahme der Entropie? In meinem Buch „Das schamanische Buch der Liebe“ habe ich Liebe als die Energie der Verbundenheit definiert. Auch habe ich gesagt, dass sich die Liebe in mehr Dimensionen ausbreitet, als etwa die Seele oder der Körper. Stimmen diese beiden Aspekte mit der Entropiebetrachtung überein? Zur Energie der Verbundenheit: Entropie ist ein Mass dafür, wie unbekannt der Standort einzelner Teilchen in einem System ist, also je weniger „rigid“ das System ist. In einem System mit hoher Entropie bewegen sich die Teilchen freier, weshalb einfacher Verbindungen möglich sind. Soweit erfüllt. Zur Bewegung in mehr Dimensionen: Ein Zustand mit hoher Entropie (z.B. ein Gas) kann sich durchaus in mehr Richtungen ausdehnen, als einer mit tiefer Entropie (z.B. ein Festkörper). Auch dies ist erfüllt. Und vielleicht noch folgendes dazu: Eine Zunahme der Entropie oder der Liebe schliesst nicht die Entstehung von komplexen Gebilden (etwa ein Mensch) aus, just deshalb, weil solche Gebilde sehr effizient sind beim Erhöhen der Entropie. In diesem Sinne kann die Mathematik voraussagen, dass es komplexe Gebilde wie Menschen, Tiere, Pflanzen, Planeten geben wird, welche die Liebe fördern, weil sie dies viel besser können, als weniger komplexe. Aber nun zurück zu weiteren schamanischen Grundsätzen…
 
Der Schamane entscheidet mit dem Herzen:
Mathematische Sichtweise:
Der Herzentscheid ist nichts anderes als eine Entscheidungsfunktion, so wie sie in der Statistik verwendet wird. Hierzu benötigen wir in der Regel ein Modell, ein Entscheidungsraum und eine Verlustfunktion. Das Modell beschreibt unser Alltag, in dem wir uns befinden. Der Entscheidungsraum sind die Optionen, die uns zur Verfügung stehen. Entscheiden wir im Sinne der Liebe, entscheiden wir also so, dass wir insgesamt die Entropie erhöhen. Die Verlustfunktion berücksichtigt schliesslich den Schaden, welcher entsteht, wenn wir eine Fehlentscheidung fällen.
Weitergehende Erkenntnis für den Schamanen:
Oft berücksichtigen Schamanen zu wenig, dass sie Fehler beim Herzentscheid machen können. Die Statistik ist hier ein Schritt weiter und anerkennt diese Möglichkeit mit der Verlustfunktion. Der Schamane ist deshalb aufgerufen, dies ebenfalls zu tun, und bei Entscheidungen die Konsequenzen eines Fehlers zu berücksichtigen. Der Fehler kann übrigens nicht nur beim Entscheid selbst entstehen, sondern auch im Entscheidungsraum (es werden nicht alle Möglichkeiten berücksichtigt) oder im Modell (wir nehmen unseren Alltag zu wenig gut war).
 
Schamanen können ihre Wahrnehmung ändern, um Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten:
Mathematische Sichtweise:
Unser Alltag ist eine Projektion aus einem mehrdimensionalen Raum. Wenn wir eine schamanische Reise unternehmen, dann ändern wir die Projektionsrichtung und sehen so die Dinge aus einer anderen Perspektive. Eine andere mögliche Analogie zur schamanischen Reise wären etwa komplexe Zahlen, bei denen der Zahlenstrahl gewissermassen mit einer weitergehenden Richtung ergänzt wird, womit sich Gleichungen lösen lassen, welche mit dem herkömmlichen Zahlenstrahl nicht möglich sind.
Weitergehende Erkenntnis für den Schamanen:
Jede schamanische Reise ist nichts Weiteres als eine mögliche zusätzliche Perspektive von vielen. Einige dieser Sichtweisen können zwar im normalen Alltag gewonnen werden, sie sind aber trotzdem nicht die absolute Wahrheit. Unter Umständen können weitere schamanische Reisen ganz andere Blickwinkel aufdecken. Am Ende ist es die Aufgabe des Schamamen, diese unterschiedlichen Perspektiven zu vereinen.
 
Die Gefühle zeigen dem Schamanen, wo er sich befindet und ob er in Bewegung ist:
Mathematische Sichtweise:
Bewegung und Standort können als Funktionen beschrieben werden. Bewegung zum Beispiel mit einer Zeitfunktion F(t) und der Standort mit F(x) in einem Koordinatensystem. Gefühle sind also Funktionen.
Weitergehende Erkenntnisse für den Schamanen:
Die riesige Vielfalt von Funktionen ermöglicht eine präzise Beschreibung und ein umfassendes Verständnis von Gefühlen, welche mit Worten nie möglich ist. Mit Funktionen ist es auch einfacher, eine Prognose zu erstellen, wie sich ein Gefühl entwickeln wird. Beispiel: Wir haben oft den Eindruck, dass sich Dinge linear verändern, das heisst, dass ein Gefühl wie Trauer nach einem Verlust pro Zeiteinheit gleich viel abnimmt. Vermutlich ist die Veränderung eines Gefühls aber eine exponentielle Funktion, etwa von der Form 1/x2, das heisst, das Gefühl nimmt zu Beginn schnell ab, dann immer langsamer, und wird nie Null.
 
Heilung wird erlangt, indem wir die Gefühle zulassen:
Mathematische Sichtweise:
Eine Wunde entsteht, indem in unserer Funktion ein fremder Faktor hinzugefügt wird. Wir können ihn heilen, indem wir ihn im Nachhinein wieder entfernen, oder indem wir das Gefühl zulassen, welches damals hätte entstehen sollen. Beispiel: Unsere normale Lebensfunktion sei F(t) = pt, wobei p ein persönlicher Faktor ist und t die Zeit. Die Wunde wt (die Wunde ist dabei auch eine Funktion) verändert p, zum Beispiel mit F(t) = (p-wt)t. Wir hätten damals sofort mit einer Korrekturfunktion reagieren sollen: F(t)=wtt, wir müssen also gewissermassen mit dem Gegenteil reagieren. Machen wir dies nicht, dann bleibt das w in der Funktion erhalten, auch zum Zeitpunkt t+1: F(t+1)=(p-wt+1)(t+1). Die Heilung bedingt dann, dass wir etwa die Funktion F(t+1)=wt+1(t+1) hinzuzählen. Wir müssen also das Gefühl von damals zulassen, so wie es sich heute ausgestaltet. Wenn die Funktion w(t) sich beispielsweise asymptotisch gegen Null bewegt, also die Form 1/x  aufweist, dann ist das Problem heute vielleicht kaum mehr eines, wenn sie hingegen wächst, z.B. mit der Form x2 , dann kann es sogar sein, dass die Heilung heute intensivere Gefühle erfordert als zum Zeitpunkt der Entstehung.
Weitergehende Erkenntnis für den Schamanen:
Die Heilung bedingt also nicht, dass wir das Gefühl von damals zulassen, sondern das Gefühl, so wie es sich heute manifestiert (wt+1). Zweite Erkenntnis: Die Korrektur ist unabhängig von p, dem persönlichen Faktor. Man muss also mit der Störung umgehen, nicht mit dem Weg. (Dies gilt nur für diesen einfachen Fall – je nach Funktion kann es durchaus auch eine Rückkoppelung mit dem Weg geben.)
 
Symptombekämpfung ist problematisch:
Mathematische Sichtweise:
Wenn wir statt mit Heilung, Symptombekämpfung praktizieren, dann verändern wir die Funktion, indem wir zum Beispiel ein Element zur Funktion addieren: F(t+1)=(p-wt+1)(t+1) + S, wobei S den momentanen Betrag von wt+1(t+1) annimmt. Dabei wird die ursprüngliche Funktion nicht verändert. Entsprechend muss das S immer neu angepasst werden. Es entsteht keine dauerhafte Heilung, auch wenn im Moment das Resultat gleich aussieht. Das S ist also ein Zusatz von aussen, welcher stetig angepasst werden muss, demnach Energie oder Aufwand erfordert.
Weitergehende Erkenntnis für den Schamanen:
Symptombekämpfungsmassnahmen müssen ständig angepasst werden und benötigen Energie von aussen. Sinnvoller und energiesparender wäre es, zu heilen statt die Symptome zu bekämpfen.

Das Ganze könnte man natürlich auch umgekehrt angehen und schauen, welche mathematischen Konzepte im Schamanismus Anwendung finden. Hier zwei Beispiele:

 
Chaos Theorie:
Mathematische Beschreibung: Die Chaostheorie beschreibt nichtlineare dynamische Systeme. Typisch für solche Systeme ist, dass sie nur über einen bestimmten Zeitraum näherungsweise vorhersagbar sind und selbst geringste Abweichungen der Anfangsbedingungen verändern das gesamte Verhalten nach einer bestimmten Zeit.
Anwendung im Schamanismus: Schon oben habe ich beschrieben, dass zum Beispiel Gefühle nichtlinear und dynamisch sind (keine gleichmässige Veränderung). Weil sie nicht mit einer einfachen Funktion beschreibbar sind, können sie nur über einen kleinen Zeitraum vorgesagt werden und hängen stark von den Anfangsbedingungen ab. Es macht zum Beispiel einen grossen Unterschied, ob die Abnahme der Trauer nach 1/x2 verläuft, oder ob noch eine alte Wunde vorhanden ist und die Abnahme beispielsweise so aussieht: 1/(x2 - w2).
 
Fraktale:
Mathematische Beschreibung: Fraktale sind geometrische Objekte, welche eine Skaleninvarianz aufweisen, d.h. dass bei jeder Vergrösserungsstufe die gleichen Einzelheiten erkennbar sind. Damit können unregelmässige Objekte in der Natur modelliert und beschrieben werden. Fraktale entstehen beispielsweise durch Iteration von Eigengleichheit. Wenn man Fraktale plottet, dann ist das entstehende Bild oft chaotisch, bis dann erst nach vielen Iterationen ein klareres Bild entsteht.
Anwendung im Schamanismus: Wir leben unser Leben meist auch iterativ, will heissen, weil wir nach unseren Glaubenssätzen handeln, erleben wir stetig Dinge, welche just diese bestätigen. Wollen wir ausbrechen, dann müssen wir die Gleichung ändern. Fraktale Gleichungen beschreiben also Liebesbarrieren, die wir auflösen müssen. Und wieso ist es so schwierig, Glaubenssätze aufzulösen? Sie sind so schön!

 


Beispiel eines Fraktals als Symbol für Liebesbarrieren: Wegen ihrer Schönheit sind sie schwierig aufzulösen.
upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/37/Mandel_zoom_14_satellite_julia_island.jpg


Schamanische Mathematik und mathematische Schamanismus? Ja, das gibt es! Und nicht nur das: Aus meiner Sicht sind mit diesem Ansatz sogar sehr tiefgreifende Erkenntnisse möglich und dies vermutlich nicht nur im Schamanismus sondern auch in der Mathematik, denn vielleicht lassen sich auch ungelöste mathematische Fragestellungen mit herkömmlichen schamanischen Ansätzen erschliessen. Es ist an der Zeit, diese Gebiete nicht mehr separat und als Gegensätze anzuschauen, sondern zu anerkennen, dass sie im Kern das Gleiche sind und die Sichtweisen sich deshalb ergänzen können.

 

 

 

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