Mittwoch, 21. August 2024

Glaubenssätze verändern unsere Wahrnehmung

Glaubenssätze verändern unsere Wahrnehmung. Wie komme ich darauf? Hier eine Entdeckungsreise:

Immer wieder werde ich von Zeckenbissen geplagt. Schon dreimal habe ich Antibiotika wegen einer zeckenübertragenen Borreliose genommen. Jeder Zeckenbiss stresst mich erneut, immer mit der Angst einer weiteren Borreliose. Warum beissen mich die Zecken so häufig? Was kann ich daraus lernen? Ich beschloss, dieses Thema im Kraftortsystem Windisch anzugehen.

In diesem Kraftortsystem befinden sich besondere Orte der ganzen Schweiz, Süddeutschlands und dem Osten Frankreichs auf mehr oder weniger geraden Linien, welche im Amphitheater von Windisch zusammentreffen. Nach meiner Beobachtung hat jede dieser Linien ein Thema, mit dem man sich auf dem Weg ins eigene Zentrum befassen kann, welches sich symbolisch im Amphitheater befindet. Einzelne Themen sind dabei wie Farben, die sich in der Mitte zu Weiss verbinden. Die Kelten nannten den Ort «Vindo», keltisch für «weiss», die Römer «Vindonissa», was zum heutigen «Windisch» führte. Vermutlich hatten die Kelten an der Stelle des heutigen Amphitheaters einen alten Kultort.

Nach meiner Empfindung hat eine dieser Linien die Qualität „Wahrnehmung“. Dieses Thema ist vielfältig: Man muss einerseits die Optionen, die uns auf einem eigenen Weg zur Verfügung stehen, wahrnehmen. Schamanen gehen sogar so weit, nach relevanten Zeichen zu pirschen, mit der gleichen Haltung, wie ein Jäger seine Beute pirscht. Wir können aber auch selbst das Opfer von «Jägern» werden, welche uns pirschen, befallen und in der Extremform sogar parasitieren. Eine Zecke ist ein solcher Parasit und passt deshalb in dieser Eigenschaft durchaus auf die Linie «Wahrnehmung». Zudem übertragen Zecken Krankheiten. Die entsprechenden Bakterien oder Viren parasitieren die Zecke und benutzen dann deren Wahrnehmung, um wiederum tierische oder menschliche Wirte zu befallen. Sicher kann ich deshalb auf dieser Linie etwas darüber lernen, wieso mich immer wieder Zecken befallen.  

Diese Linie geht nun entweder vom Mont Tendre, einem pyramidenförmigen Berg im Jura über Schinznach Bad und der Habsburg zum Amphitheater in Windisch oder vom Mormont südlich von Yverdon über den Mont Vully dann wieder Schinznach Bad und Habsburg nach Windisch. Wenige Meter Unterschied im Kraftortsystem in der Nähe von Windisch führen schon zu kilometerweiten Abweichungen weiter weg – deshalb noch diese Unklarheit. Aber diese Unklarheit (oder vielleicht ist es sogar eine tatsächliche Doppellinie) zeigt eventuell gerade den Unterschied zwischen dem Pirschen für den eigenen Weg und der Gefahr von anderen gejagt oder parasitiert zu werden.

Hier geht es um Zecken, weshalb mich Parasitismus interessiert, und ich folge deshalb der Linie vom Mormont her. Die Schlussfolgerung nehme ich Vorweg: Glaubenssätze verändern die Wahrnehmung. Glaubenssätze gelangen wiederum wegen einer Verwundung in uns. Heilen können wir uns hauptsächlich dadurch, dass wir dieser Tatsache ins Auge schauen. Anders ausgedrückt: Die Wahrheit über die Welt rund um uns herum macht uns frei. Hier einige Erlebnisse und Beobachtungen auf dem Weg vom Mormont zum Amphitheater, welche diese Schlussfolgerung unterstützen oder symbolisch darstellen:

Der Mormont war wohl einer der wichtigsten Kultplätze der Kelten in der Schweiz. Auf diesem Hügel zwischen den Dörfern Éclépens und La Sarraz grub dieses Volk tiefe Schächte. Darin fand man Opfergaben sowie menschliche und tierische Skelette. Dies erinnert an eine Zecke, welche einen Menschen sticht und Bakterien und Viren überträgt. Die Kelten waren vermutlich durch einen (uns unbekannten) Glaubenssatz motiviert, und die Opfergaben hatten wohl den Zweck, diesen zu unterstützen. Sie konnten so ihr Weltbild buchstäblich zementieren. Interessant deshalb, dass diese Schächte just von der Zementindustrie entdeckt wurden, welche den Berg nun als Kalksteinmine abbauen, auch eine parasitische Handlung. Eine Zeitlang wurde dagegen protestiert, weil dabei nicht nur der keltische Kultplatz zerstört wird, sondern auch ein bedeutender botanischer Standort.  

Etwas weiter im Kraftort Richtung Windisch befand sich auf dem Mont Vully ein keltisches Oppidum. Als ich einmal da war, landeten einige Militärhelikopter aus denen Soldaten mit Hunden stiegen. Es ging offenbar darum, den Hunden die Angst vor den Helikoptern weg zu trainieren. Symbolisch waren die Helikopter wie Zecken und die Menschen mit ihren Hunden die Bakterien oder Viren. Hier wurde den Hunden ein Glaubenssatz mitgegeben, dass sie keine Angst vor Helikoptern haben und den Befehlen auch unter diesen Umständen folgen sollten. Die Hunde werden ihrerseits für ihre geruchliche Wahrnehmung eingesetzt. Zusätzlich hat es auf dem Mont Vully einen riesigen Findling mit einer Gedenktafel für Louis Agassiz. Dieser Naturforscher ist aber mittlerweile wegen seinen Glaubenssätzen zur Entstehung menschlicher Rassen in Verruf geraten. Weil Schwarze in der Evolution separat entstanden seien, sei es gerechtfertigt – so fand Agassiz – dass man sie als minderwertig Menschen behandelt. Seine Glaubenssätze veränderten damit seine Wahrnehmung über Rassen.

Wieder ein Stück näher zu Windisch wird in Schinznach Bad die Thermalanlage und das Reha- Zentrum von zwei Golfplätzen umringt. Überall stehen Schilder, die darauf hinweisen, sich vor fliegenden Golfbällen zu schützen. Man muss also hier mit einer erhöhten Aufmerksamkeit spazieren. Gleichzeitig fordert das Thermalbad dazu auf, sich zu reinigen, das Thermalwasser kommt jedoch aus einer gebohrten Quelle, ganz analog wie eine Zecke das Blut anbohrt. Ganz hart ausgedrückt baden wir dort im Blut der Erde. Wir sind also alle genauso wie Zecken. Die Erkenntnis in Schinznach Bad: Nicht nur können andere uns mit Golfbällen treffen, wir sind selbst auch Täter. Hier können wir den Glaubenssatz «Ich bin ein Opfer» erkennen und gleichzeitig die erhöhte Aufmerksamkeit trainieren, die es benötigt, um Parasiten zu vermeiden.

Gemäss Legende wurde das Schloss Habsburg – wir sind nun wieder etwas weiter auf der Linie – von Radbot gegründet, weil er an dieser Stelle einen entflohenen Habicht wieder fand, den er für die Jagd benötigte. Die Habsburger «jagten» dann in den folgenden Jahrhunderten ein ganzes Weltreich zusammen. Das Thema Wahrnehmung findet man aber auch sonst: Früher stand etwa an der Stelle ein römischer Wachturm und heute kann man 3D-Brillen anziehen und mit einer veränderten Wahrnehmung die damalige Burg erleben.

Die Gemeine Habsburg zeigt selbst parasitische Züge: Mit einem der niedrigsten Steuerfüsse der Region lockt sie reiche Menschen an, die wiederum einen noch tieferen Steuersatz ermöglichen. Die teuren Aktivitäten einer Gemeinde, wie etwa die Unterstützung von Sozialfällen, werden an die Nachbargemeinden abgewälzt. Dies ist nicht nur Parasitismus, sondern unterstützt auch weiterverbreitete Glaubenssätze wie: «Steuerwettbewerb ist in Ordnung» oder «Man soll bei seinen Entscheidungen die Finanzen optimieren».

Etwas weiter im Wald Richtung Windisch liegt ein Hochsitz für Jäger mit Blick auf ein Schlammbad für Wildsäue mitsamt einem Salzstein. Hier werden die Tiere geködert und in eine Falle gelockt, damit sie dann leicht gejagt werden können. Viele unserer Glaubenssätze beinhalten vermeintliche Belohnungen, oft materieller Art wie «Harte Arbeit wird belohnt». Nicht gesagt wird, dass wir damit anfällig für Angriffe werden. Wenn wir unseren Weg pirschen, müssen wir darauf achten, ob etwas ein Köder sein könnte, welcher uns in eine Falle lockt. Neben finanziellen Vorteilen locken Köder wie Status, Komfort oder Sicherheit, welche von Glaubenssätzen wie «Hoher Status führt zu Respekt, Beziehungen und materiellem Wohlstand» oder «Lieber auf Nummer sicher gehen» unterstützt werden.

Kürzlich, auf einem Spaziergang von Schinznach Bad bis ins Amphitheater von Windisch, regnete es fast auf der ganzen Strecke. Doch im Amphitheater schien unerwartet die Sonne. Ich interpretierte: Kann ich meine Glaubenssätze identifizieren und erkenne ich, wie sie meine Wahrnehmung verändern und mich täuschen, wenn ich Köder erkenne und wachsam bin gegenüber Angriffen, dann wird es hell: Ich sehe viel deutlicher, wie die Dinge wirklich sind. Dadurch kann ich meinen eigenen Weg besser erkennen, denn ich sehe die Welt nicht nur realistischer, sondern erkenne auch meine Optionen klarer. Nur dann kann ich wirklich von Herzen entscheiden.

Was Zecken uns nicht alles lehren können!

  


Militärhelikopter auf dem Mont Vulley, Soldat mit Hund

Freitag, 12. Juli 2024

Was bezweckten Dolmen?

In der Steinzeit – vor 4000 bis 6000 Jahren - errichteten die Menschen von Spanien über Frankreich, Irland und Grossbritannien bis hin zu Skandinavien sogenannte Dolmen und Menhire. Die Dolmen bestehen meist aus einem schmalen Eingang, der in eine grössere Kammer führt. Weil man dort Skelette fand, werden sie als Grabkammern bezeichnet. Menhire sind ihrerseits einzelne oder in Kreisen beziehungsweise Linien angeordnete Steine, die bis zu 7 m hoch sein können.

Schon seit vielen Jahren suche ich in ganz Europa nach Dolmen und Menhiren und habe auch schon einige Blogs dazu verfasst (z.B. am 1.8.2012 oder 11.10.2013). Dabei stellte ich immer die Frage: Wieso wurden sie errichtet? Hatten sie eine spezielle spirituelle Bedeutung? Meines Erachtens ist es unwahrscheinlich, dass die damaligen Menschen - notabene ohne die heutigen Hilfsmittel - derart viel Aufwand in diese megalithischen Werke steckten, wenn diese keine wichtige Bedeutung hatten. Obwohl ich mich seit Jahrzehnten damit beschäftige, bin ich noch nicht ganz zufrieden mit meinem Verständnis und denke, dass es noch weitere Erkenntnisse zu entdecken gibt. Aber eben, welche?

Im Rahmen einer weiteren Reise zu Dolmen und Menhiren erkundeten wir das Gebiet von Languedoc-Roussillon im Süden Frankreichs, wo es Tausende solcher megalithischen Monumente gibt. Wir hatten die Gelegenheit, Hunderte von Dolmen und Menhiren zu entdecken und zu erforschen. Würde diese Reise neue Erkenntnisse hervorbringen? Im Folgenden möchte ich meine Beobachtungen und Erkenntnisse über die Dolmen teilen.

Bei den Dolmen stellte ich immer wieder die gleiche Beobachtung an: Bei weitgehend intakten Dolmen muss man durch einen schmalen Eingang kriechen, wobei man unweigerlich die seitlichen Steinplatten und die Decke berührt. Es ist oft richtig mühsam hindurchzukommen. Dahinter betritt man eine wesentlich grössere Kammer, in der man bei vielen Dolmen problemlos stehen kann. Es ist diese letzte Kammer, die bei den meisten Dolmen erhalten geblieben ist und uns das klassische Bild eines Dolmens vermittelt. Ist man nun aufgestanden und schaut mit einem entspannten Körper entweder nach hinten oder zurück zum Eingang, wird man von einer wellenartigen Bewegung erfasst. Dies könnte die von den östlichen Kulturen beschriebene Kundalini Energie sein. Wenn man sich anschliessend seitlich dreht, stoppen diese wellenartigen Bewegungen, und stattdessen bewegen sich die Arme spontan hinauf und hinunter, als wollte man fliegen. Legt man sich schliesslich hin, überkommt einen eine unglaubliche Ruhe und Verbundenheit. Nun ist alles in Ordnung, es gibt keine Sorgen mehr, man ist einfach da.

War dies nun Einbildung oder war da etwas dran? Eigentlich egal, denn die nachfolgende Interpretation hilft uns im Leben, ob die Menschen der Steinzeit dies nun tatsächlich beabsichtigt hatten oder nicht. Hier ein Vorschlag: Wir Menschen müssen uns in einer ersten Phase durch den Alltag bewegen, symbolisiert durch den schmalen Gang. Dies ist mühsam und überall stossen wir an. Es sind dies unsere Hindernisse und Probleme. Wir müssen aber hier unweigerlich hindurch, wenn wir uns weiterentwickeln wollen. Wir berühren also den Alltag und stellen uns allen Themen, die auf uns zukommen. Keines darf ausgelassen werden, sonst kommt man nicht weiter. Dies ist unsere dreidimensionale materielle Welt. Ziel ist es – spirituell gesprochen – dass wir unsere Chakren und die darin verborgenen Themen heilen. Jedes Mal, wenn wir an der Seite des Ganges anstossen, dann zeigt dies symbolisch auf ein anzugehendes Thema.

Nachdem wir uns dem Alltag gestellt und unsere Chakren geheilt haben, wird unser Bewegungsraum grösser. Wir stehen auf und können neue Perspektiven, beziehungsweise eine neue Dimension wahrnehmen. In diesem neuen Raum können sich nun die geheilten Chakren verbinden, was zu dieser wellenartigen Energie führt – genauso wie es die östlichen Traditionen beschreiben. Je mehr sich die Chakren verbinden, desto mehr verlieren sie ihre Identität und genau darum geht es: Wir sind daran, unsere besonderen Eigenschaften beziehungsweise unsere Identität zu verlieren. Wir lassen diese Energie zu und spüren die Verbundenheit, die dadurch entsteht. Unsere Aufgaben sind aber noch nicht erledigt. Immer noch sind wir in einem geschlossenen Raum.

Wir können nun eine weitere Dimension erschliessen, indem wir uns drehen. Obwohl wir noch in der Kammer sind, können wir nun symbolisch fliegen. Wir können dorthin gehen, wo wir wollen. Dabei werden wir immer mehr und mehr ein Teil von allem. Sind wir genug geflogen, besteht kein Unterschied mehr zwischen uns und allem anderen. Wir sind nicht nur uns selbst, sondern auch jeder Stein, jeder Baum, jeder Stern und jeder Planet. Wir fliegen und sind alles. Unsere Seele und die Gesamtseele sind eins. Und jetzt?

Wir legen uns hin. Wir haben alles erlebt: Wir sind durch die materielle Welt gegangen, haben die Chakren geöffnet und die Seele befreit. Wir sind alles geworden. Jetzt können wir in der Verbundenheit ruhen. Wir sind nur noch Liebe. Dann können wir sterben.

Könnten die Menschen der Steinzeit Dolmen bewusst als Symbole für den Lebensweg eines Menschen konstruiert haben? Wenn ja, wäre es nachvollziehbar, warum sie ihre Verstorbenen in Dolmen bestatteten. Urvölker auf allen Kontinenten haben ähnliche Erkenntnisse vom Lebensverlauf entwickelt. Immer geht es darum, das Bewusstsein der Verbundenheit zu fördern, die Erkenntnis also, dass wir alle eins sind. Wieso sollte dies nicht auch für die Steinzeitmenschen Europas gelten?

Aber nochmals: Es spielt keine Rolle. Wir als moderne Menschen können diese Symbolik anwenden, unabhängig davon, ob dies nun die Absicht der Steinzeitmenschen war oder nicht. Konkret: Wir müssen uns allen Themen stellen, die sich Tag für Tag ergeben. Keines darf ausgelassen werden. Wir sollten nicht zu früh den Eindruck haben, wir seien aufgewacht, erleuchtet, oder dergleichen, sonst schlagen wir bitterböse unseren Kopf an. Dies bedeutet, wir dürfen keine Themen unter den Teppich wischen und so tun, als wären wir in unserer Entwicklung schon weiter fortgeschritten, als wir es tatsächlich sind. Selbst wenn es uns gelingt, alle Themen anzugehen, und die wellenartige Energie zulassen, ohne den Kopf anzuschlagen, ist die Aufgabe noch nicht erledigt. Wir müssen uns nun bewusstwerden, dass wir unsere Eigenschaften und unsere Identitäten loslassen müssen, bevor es uns gelingt zu fliegen und dabei alles zu werden. Und erst, wenn uns dies klar ist, können wir uns in Liebe und Verbundenheit ausruhen. Es ist nun Zeit zu sterben.

Wir durchlaufen diesen Prozess nicht nur einmal, sondern für jedes Thema erneut. Das heisst, dass wir uns für bestimmte Themen noch im Eingangsbereich befinden, während wir für andere bereits in der Kammer angelangt sind. Im Verlauf eines Lebens verlagert sich auf diese Weise immer mehr von uns in diese Kammer. Bevor wir sterben, versuchen wir, so viele Aspekte von uns dorthin zu bringen wie nur möglich. Dies damit wir in Verbundenheit und Liebe sterben können.  

 


Beispiel eines Dolmens mit Eingang und dahinter liegender Kammer.

 



Im Ursprungszustand waren die Dolmen meist unter Hügeln aus Steinen oder Erde.

Mittwoch, 29. Mai 2024

Heimatlosenspitz

Zwischen Wittnau (Aargau), Anwil (Baselland) und Kienberg (Solothurn) treffen drei Kantone zusammen. Bis vor hundert Jahren gab es hier ein Stück Niemandsland, der sogenannte Heimatlosenspitz oder -platz, der zu keinem Kanton, keiner Gemeinde und damit offiziell auch nicht zur Schweiz gehörte. Das dreieckige Gebiet war nicht gross, nur etwa 63 Aren und lag an einem steil abfallenden, dicht bewaldeten Hang. Auf alten Karten wird das Gebiet auch „In der Freiheit“ genannt. Es gibt viele Geschichten und Legenden über den Heimatlosenspitz, beispielsweise wie Landjäger in diesem Gebiet auf Heimatlose schossen oder sie in benachbarte Kantone abschoben. Im Jahre 1931 wurde das Gebiet immer mehr zu einem Dorn im Auge der Beamten – es darf keinen rechtsfreien Raum geben, sei dieser noch so klein und unwegsam! In der Folge wurde das Gebiet zwischen den drei Kantonen aufgeteilt.

So viel zur Geschichte. Da ich mich selbst auch als Heimatloser fühle und keinem Land zugehörig sehe, zog mich der Heimatlosenspitz an. Vielleicht würde ich dort etwas über nationale Identitäten lernen. Hier war ein Gebiet, das mir ähnlich war und welches in der Vergangenheit Personen wie mich anzog. Was würde ich dort spüren oder erkennen? Die Reise und die Wanderung waren voller Zeichen:

Schon im Bus auf die Salhöhe, wo ich die Wanderung startete, stieg in Erlinsbach (interessanterweise eine Ortschaft die auf zwei Kantone – Aargau und Solothurn - verteilt ist und deshalb keine einzelne, sondern zwei Gemeinden sein muss) eine Gruppe von acht- oder neunjährigen Knaben in den Bus. Sie standen zusammen und redeten miteinander – jedoch jeder in einer anderen Sprache. Ich denke nicht, dass sie die Worte der anderen verstanden, aber sie hatten trotzdem ein gutes Einvernehmen. Nach meinem Dafürhalten spürten sie eine Verbundenheit miteinander, welche ihre sprachlichen Identitäten sprengte.

Auf dem Weg nach Anwil begegnete ich immer wieder Rehen, die stets dabei waren über Zäune zu springen. Auf meiner Route zum Heimatlosenspitz war es ähnlich: Ich musste querfeldein durch Wiesen und Wälder gehen und immer wieder über Zäune steigen. Überraschenderweise gab es eine vermoderte Sitzbank an einer Stelle, wo wohl nie jemand hinkommt. Um zur Heimatlosenspitze zu gelangen, musste ich – wie die Wildtiere  - viele Hindernisse überwinden und wurde an unerwarteten Orten zur Ruhe und Kontemplation aufgefordert. Dies empfand ich als zwei wichtige Merkmale des Weges eines Menschen in die Freiheit.

Als ich am Heimatlosenspitz ankam, traf ich auf einen unwegsamen, steilen Hang. Mein sofortiger Eindruck war: Hier hätten sich kaum Menschen lange niederlassen können - dieser Ort war keine Stelle, an der jemand den rechtsfreien Raum hätte ausnutzen können. Es gab für mich keinen offensichtlichen Grund, diese „Freiheit“ aufzuheben, ausser, dass sie einfach nicht sein darf. Alles muss zu einer Identität gehören. Alles, was dazwischen ist, gewissermassen die Verbundenheit, muss verschwinden. Ich fand es schade, dass es den Heimatlosenspitz nicht mehr gab. Wäre nicht die Verbundenheit zwischen zwei Orten besser, wenn es Zwischenräume und Freiheit gäbe? 

Nach dem Heimatlosenspitz auf dem Weg nach Wittnau sah ich auf der Karte einen Hügel mit dem Namen «Reichsberg». Dieser sah für mich verdächtig nach einem Ort aus, wo die Kelten eine Siedlung haben könnten. Ich wollte dorthin. Auf der Karte gab es jedoch keinen direkten Weg. Interessanterweise gab es in der Realität aber einen ziemlich guten. Dies war für mich erstaunlich, denn Wege mit dieser Qualität waren sonst auf den Karten immer verzeichnet. Ich ging hin, sah einen für keltische Siedlungen typischen Wall aber sonst keine Überreste. Dennoch hatte dieser Ort eine eindeutige keltische Stimmung. Nach der Freiheit oder Heimatlosigkeit gelangte ich in eine andere Epoche, in eine Zeit, in der die Menschen noch eine ganz andere Verbundenheit spürten. Identitäten waren damals wohl weniger wichtig und die Welt auch nicht auf den letzten Zentimeter aufgeteilt.

Später im Bus von Wittnau nach Frick waren wieder Jugendliche unterwegs – diese waren etwas älter, vielleicht 16 – 18-jährig. Auch hier sprach jeder seine eigene Sprache. Auch hier verstanden sie einander bestens. Wieder dachte ich: Verbundenheit ist auch ohne Identität möglich.

Was ich beobachtete und lernte:

Erlinsbach: Identitäten wie Kantone trennen künstlich das, was zusammengehört. Sie erschweren die Verbundenheit.

Erste Gruppe von Jugendlichen: Auch wenn die Identitäten verschieden sind, kann man sich verbunden fühlen. Dazu muss man die Identitäten ignorieren.

Heimatlosenspitz „in der Freiheit“: Man wird frei, wenn man Identitäten loslässt.

Zäune und verlassene Bank: Auf dem Weg in die Freiheit muss man viele Hindernisse überwinden, sich aber Zeit zur Kontemplation nehmen. Dieser Weg ist ein schwieriges Unterfangen.

Gelände am Heimatlosenspitz: Hüter der Identitäten versuchen Zwischenräume und Verbundenheit zu eliminieren auch dann, wenn es keinen wirklichen Grund dafür gibt.

Der Reichsberg: Wenn wir die Heimat- beziehungsweise Identitätslosigkeit wagen, dann kommen wir in eine Zeit oder einen Raum voller Verbundenheit. Die Wege sind dann nicht mehr kartiert, aber sie sind vorhanden.

Zweite Gruppe von Jugendlichen: Nachdem wir durch die Heimatlosigkeit/Freiheit gegangen sind, müssen wir zurück in den Alltag. Dort verbinden wir uns, möglichst frei von Identitäten.

In unserer Gesellschaft ist es nicht einfach, heimat- und identitätslos zu sein. Unsere Gesellschaft versucht dies auf Schritt und Tritt zu verhindern. Wagt man die Heimat- und Identitätslosigkeit trotzdem, gelangt man in eine Freiheit und Verbundenheit in der plötzlich ungeahnte Pfade und Möglichkeiten entstehen.

 

 

Der Heimatlosenplatz in alter und neuer Grenzziehung

Donnerstag, 2. Mai 2024

Verbundenheit als wahre Realität?

Die Source Bleu im Val de Cusance in der Franche-Comté ist eine von Felsen und Wald umgebene Quelle, aus der vom Kalk blau gefärbtes Wasser unter einem Teich hervorquillt. Der Ort ist sehr mystisch und strahlt eine tiefe Ruhe aus. Ganz in der Nähe auf einem hohen Felsen steht eine Kapelle zu Ehren von Saint-Erminfroy, einem Heiligen, dessen Namen „Kämpfer des Friedens“ bedeutet.

Wie so oft, begab ich mich auch diesen April zur Quelle. Allein schon der Besuch versetzt mich jeweils in eine besonders spirituelle Stimmung. Anschliessend wanderte ich entlang des Talrandes durch einen wunderschönen Naturwald voller Orchideen zum Croix du Saint-Erminfroy. Dieser schmale Weg verstärkt jedes Mal meine Spiritualität, obwohl es dieses Jahr besonders kalt und regnerisch war. Auf dem Rückweg besuchte ich die Kapelle, und drinnen schien überraschend das Sonnenlicht durch die Fenster. Es waren notabene die einzigen Sonnenstrahlen des ganzen Tages. Ich empfand dies als Aufforderung besonders wachsam zu sein – irgendwo lag eine Erkenntnis verborgen.

Ich beschloss, die Quelle ein zweites Mal zu besuchen, um sie ganz genau zu beobachten. Dieses Mal bemerkte ich die vielen Wirbel auf, die das hinauffliessende Wasser erzeugte. Inmitten jedes Wirbels entstand jeweils ein Hohlraum. Es gab unzählige solcher Vertiefungen in der Wasseroberfläche, welche sich auf dem Teich bewegten und dann mit der Zeit wieder gefüllt wurden. Die Hohlräume traten manchmal allein auf, manchmal in Gruppen, es gab sowohl grössere als auch kleinere. Mitunter verschmolzen zwei oder mehrere solcher Vertiefungen. Die Lebensdauer der Hohlräume war unterschiedlich; manche „lebten“ länger als andere aber früher oder später „starben“ sie alle.

Diese Vertiefungen kamen mir wie Menschen vor. Sie entstanden im hervorquellenden Wasser, lebten einige Zeit, verschmolzen manchmal mit anderen, bewegten sich in Gruppen oder allein und vergingen schliesslich. Und zwar alle. Nur, diese Vertiefungen waren nur Löcher im Wasser – sie waren also gewissermassen kein Wasser. Obwohl sie vom Wasser umgeben waren, stellten sie nichts Eigenes dar. Diese Vertiefungen existierten nur zum Schein – es waren nur Hohlräume.

Ist es bei uns Menschen auch so? Sind wir in Wirklichkeit nur Hohlräume in einer Umgebung von Verbundenheit? Dies würde nicht nur für uns Menschen so gelten, sondern für alle Gegenstände, seien dies nun Tiere, Steine oder ganze Planeten. Die Dinge wären dann genau umgekehrt von der Art und Weise, wie wir sie uns normalerweise vorstellen: Nicht wir sind etwas, sondern das Dazwischen ist die eigentliche Realität. Das, was wir sehen und üblicherweise als Realität empfinden, wäre nichts anderes als der Hohlraum, der in der Mitte eines Wirbels entsteht.

Ist die Source Bleu also ein Sinnbild dafür, wie die Dinge sind? Es entsteht irgendwo im Universum ständig neues Verbundenheitsmaterial – was auch immer das sein mag. Dieses wirbelt an gewissen Stellen, und in der Mitte solcher Wirbel entstehen Hohlräume. Das, was wir als Menschen, Dinge, Planeten und so weiter betrachten, wären nichts anderes als diese Hohlräume. Das Selbst ist in diesem Sinne eine Illusion, da es nichts anderes ist als ein Hohlraum. Eine sehr buddhistische Vorstellung.

Was wäre die Konsequenz? Wenn wir „Krieger des Friedens“ werden wollen, dann müssen wir die Vorstellung eines Selbst mit einer konkreten Identität loslassen und uns stattdessen auf die Verbundenheit konzentrieren. Auch hat es wenig Sinn, den Gang unseres Wirbels beeinflussen zu wollen – vielmehr geht es darum „unseren“ Wirbel zuzulassen. Dies ist im Kern das, was mit dem Weg des Herzens gemeint ist, den ein „Krieger des Friedens“ verfolgt.

Es bleibt aber eine Frage: Wieso das Blau? Normalerweise ist die Quelle hellblau, aber an diesem Tag hatte sie wegen den starken Regenfällen eine eher milchig-blaue Farbe. Hellblau ist die Farbe des fünften Chakras, welches das Thema „Darstellung“ hat. Ich interpretierte: Unser Selbst ist nur eine Darstellung. Wir sollten es von weiss – der Farbe des Herzens beziehungsweise der Verbundenheit – durchdringen lassen. Sogar die Farbe der Quelle unterstützte die Symbolik...

  


Die Source Bleu im Val de Cusance.